Serienstart für "Das Netz": Alles, nur kein Fußball-Wintermärchen
Rummmms ... und der Ball zappelt im Netz. So einfach kann Fußball sein – die Hälfte der Weltbevölkerung zeigt sich alle vier Jahre davon fasziniert, wenn eine Weltmeisterschaft gespielt wird.
„Rumms“ machte es 2016 laut eigener Erzählung auch bei Matthias Hartmann. Der Ex-Burgtheaterchef hatte bei Dietrich Mateschitz’ Red Bull Media House angeheuert und entwickelte in dem sportaffinen Unternehmen eine Idee für ein weltumspannendes Netz an Fernsehserien zum Thema Fußball. Gemeinsam mit Plinio Bachmann, früherer Burg-Dramaturg, spann er die Idee weiter, „die Wände unserer Büros wuchsen zu mit Figuren und Storylines“, sagte Hartmann vor wenigen Tagen bei der Wien-Premiere von „Das Netz“.
Kein Gustomacher
Weltumspannend ist das Netz an Serien noch nicht, aber der Anfang ist gemacht. Es waren ursprünglich fünf Serien im Gespräch, nun sind es drei, die Anfang November an den Start gehen, zeitlich ideal platziert vor der umstrittenen Winter- und Wüsten-WM in Katar.
„Das Netz“ ist kein Gustomacher für die große Sportshow. Im Gegenteil: Der Appetit auf Fußball kann einem hier vergehen, wenn dieser nicht ohnehin schon längst von bekannten Machenschaften aus der echten Fußballwelt verdorben worden ist.
Im deutschen Ableger „Spiel am Abgrund“ (siehe unten) geht es um den Missbrauch junger Talente aus Afrika und um dubiose Geschäfte rund um TV-Rechte und WM-Vergaben. Im italienischen Serienstrang „Power Play“ wird die Wettmafia thematisiert. Die Serien funktionieren für sich alleine, sind aber über Figuren wie dem gierigen Weltverbandspräsidenten Jean Leco miteinander verbunden.
Ausnahmesituation
Die österreichische Serie „Prometheus“ hebt das Projekt weit über Fußball hinaus. Hauptfigur ist der in Liverpool lebende Österreicher Georg Trotter. „Er wird förmlich in diese Geschichte hinein katapultiert“, sagt Tobias Moretti, der Trotter spielt. „Er befindet sich in einer Ausnahmesituation. Nachdem er seinen Job als Fußballer in der harten englischen Liga an den Nagel gehängt hat, wird er Arzt und Sporttraumatologe und zerreibt sich im Klinikalltag.“
Reinwaschen
In dieser Situation kommt ein Angebot aus der alten Heimat. Trotter, der sich einen Ruf als Dopingjäger erarbeitet hatte, soll eine hypermoderne Alpenklinik in Bad Gastein leiten – und wie’s scheint, auch reinwaschen. Denn es werden nicht nur Verletzungen behandelt. Fußballer sollen genetisch optimiert werden, Superreiche lassen sogar nach ewigem Leben forschen.
„Die Selbsterhöhung des Menschen im Faust’schen Sinn spielt in dieser Geschichte eine wichtige Rolle“, sagt Moretti. „Und damit trifft man den Nerv der Zeit.“ Was die Frage der Machbarkeit angehe, müsse man „realistisch sein: Was machbar ist, wird irgendwann auch gemacht.“
Regisseur Andreas Prochaska, der oft mit Moretti arbeitet („Das finstere Tal“), sagt zum KURIER: „Wir tasten uns an den Rand des Möglichen heran. Natürlich ist das am Ende Science-Fiction. Aber Martin Ambrosch ( Drehbuchautor, Anm.) hat lange recherchiert, und es wird ja intensiv geforscht an allen möglichen Mittelchen zur Selbstoptimierung. So weit, wie hier gezeigt wird, ist man im echten Leben noch nicht. Aber wir hatten intensive Gespräche mit Menschen, die sich mit Genetik beschäftigen. Die sagen, früher oder später ist das durchaus wahrscheinlich.“
Für Prochaska, der mit seinem Sohn Daniel zum ersten Mal gemeinsam Regie führte, ist „Prometheus“ mehr Drama und Thriller als Sportfilm. „Wenn es nur um Fußball gegangen wäre, hätte ich gesagt: Da müsst ihr euch einen anderen suchen.“
Dopinggerüchte
Im Fokus steht auch das Thema Doping. Prochaska: „Man hört ja vom Doping im Radsport, in der Leichtathletik und anderen Sportarten, aber beim Fußball redet man nie drüber.“ Am Rande wird in Episode 1 eine wilde Theorie rund ums WM-Finale 2006 erwähnt, wonach sich Zinedine Zidane mit seinem berühmten Kopfstoß vor einer Dopingprobe drücken habe wollen.
„Es wird ganz klar gesagt, dass es ein Gerücht ist“ sagt Prochaska. „Dieses Gerücht gibt es und wir zitieren das Gerücht, wir sagen aber nicht, dass es so oder so war.“
Super League als "Schock"
Kein Gerücht war, dass im April 2021 zwölf europäische Großklubs eine elitäre Super League gründen wollten. Währenddessen wurde gerade „Das Netz – Spiel am Abgrund“ gedreht, wo Planungen rund um eine „World League“ im Zentrum stehen.
Für die Macher war das „ein Schock“, erzählte Ideenspender Hartmann nun in Wien. „Plötzlich dachte man: Die Realität ist noch böser als unsere Fantasie. Das darf ja wohl nicht wahr sein ...“
Die drei "Netz"-Serien und wann sie zu sehen sind
Die achtteilige österreichische Thriller-Serie „Prometheus“ wirft einen düsteren, mitunter brutalen Blick in eine möglicherweise nicht so ferne Zukunft.
Nach einer mittelmäßigen Fußballerkarriere machte sich Georg Trotter (Tobias Moretti) einen Namen als Dopingjäger und Arzt. Doch der Unfalltod seines Sohnes Ben warf ihn aus der Bahn. Der einst gefürchtete „Bluthund“ wird nur mehr als „Klofrau“ gehänselt – wenn er bei Kickern Urinproben nimmt.
Als Georg die Leitung einer neuen Klinik angeboten wird (mondäner Schauplatz: Bad Gastein), sehen er und seine seit dem Autounfall gelähmte Frau Diana (Angel Coulby) die Chance auf einen Neuanfang. Aus Talenten sollen die besten Fußballer der Welt geformt werden – ohne Doping, aber berechenbar. Doch Georg befürchtet bald, dass die jungen Spieler als Labortiere herhalten müssen.
Im Original wurde auf Englisch gedreht. Produziert wurde „Prometheus“ von MR Film. Fürs Gesamtprojekt wurde von Red Bull Media House und Beta Film die Das Netz GmbH gegründet. ServusTV und ARD sind deutschsprachige Fernsehpartner.
INFOS: Start am Dienstag, 1. 11. (20.15 Uhr) auf ServusTV. Weitere Termine: 5., 12. und 19. 11.
Die Welt von Lea Brandstätter, einer Berliner Rechtsanwältin, wird auf den Kopf gestellt, als ihr Verlobter David vor ihren Augen in seinem Jaguar verbrennt. Lea findet heraus, dass David, ein gefragter Spieler-Scout, von korrupten Vorgängen im internationalen Fußball-Business wusste – und dafür offenbar mit seinem Leben bezahlen musste. Ein weiterer Todesfall scheint damit in Zusammenhang zu stehen: Der Freund des Hooligans und Ex-Knackis Marcel wurde beim selben Match von Union Berlin (derzeit pikanterweise im Spitzenfeld der Deutschen Bundesliga) getötet.
Die Suche nach der Wahrheit schweißt Lea und Marcel zu einem ungleichen Team zusammen – Birgit Minichmayr und Max von der Groeben glänzen in ihren Rollen. Ihre Ermittlungen zeigen, dass Davids Agentur Talente aus Afrika unter widrigsten Umständen nach Europa bringt.
Agentur-Chef Richard Felgenbauer (Tom Wlaschiha) taucht übrigens in allen drei Serien auf, ebenso „WFA“-Verbandsboss Jean Leco (Raymond Thiry), der für die Schaffung der lukrativen „World League“ offenbar über Leichen geht.
INFOS: Die achtteilige Serie startet am Donnerstag, 3. 11. (20.15 Uhr) in der ARD. Auf ServusTV bereits ab 1. 11. (21.50 Uhr)
Ebenfalls am Abgrund steht der fiktive Florentiner Fußballklub Toscana FC. Neben dem Abstieg in die zweite Liga droht auch der finanzielle Kollaps. Die traditionsreiche Eigentümerfamilie Tessari sieht sich gezwungen, neue Wege zu gehen – und verkauft 50 Prozent an einen chinesischen Investor.
Ausgerechnet das schwarze Schaf der Familie, Vincenzo Tessari (Alberto Paradossi), setzt auf Widerstand. Gemeinsam mit Maurizio Corridoni (Gaetano Bruno), der grauen Eminenz des italienischen Klubfußballs (tritt auch in „Spiel am Abgrund“ auf), bekämpft er die neuen Inhaber und seinen eigenen Vater.
Der italienische Sechsteiler „Power Play“ trägt nicht nur komische Züge, er ist auch die erste Serie im „Netz“-Kosmos, die außerhalb des deutschen Sprachraums entstanden ist. Weitere Projekte sind in Entwicklung, etwa in Portugal und Brasilien.
Wie die bisherigen drei Stränge miteinander vernetzt sind, lässt sich auf der interaktiven Webseite thenet2022.com nachvollziehen. Auf KURIER.at wiederum finden Sie längere Interviews mit Peter Lohmeyer und Andreas Prochaska.
INFOS: Ab 6. 11. (20.15 Uhr) auf ServusTV. Alle drei Serien auch via Streaming auf Servus On
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