Mit „Erste Töchter“ legt die 1954 in Kursk in der Sowjetunion geborene und seit 1987 in Wien lebende Ljuba Arnautović nach „Junischnee“ (2021) nun eine weitere Fortsetzung vor. Ebenso wie die Vorgängerromane ist „Erste Töchter“ eine fiktive Familiengeschichte, die auf realen Geschehnissen beruht. „An meine Schwester Larissa, die ich zur Romanfigur gemacht habe. Sie ist ganz anders“, schreibt die Autorin im Nachwort.
1934 schickt ihre Großmutter Eva, die in Wien dem Republikanischen Schutzbund angehört, ihre Söhne Slavko und Karl fort, um sie vor den Nationalsozialisten in Sicherheit zu bringen. Nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion verlieren sich Slavkos Spuren. Karl kommt später als „Volksfeind“ ins Arbeitslager, wo er seine zukünftige Frau Nina kennenlernt – die Mutter der Autorin. Zurück in Wien, heiratet der ehrgeizige Mann noch weitere Male. Von Frau zu Frau verspricht er sich größere gesellschaftliche Aufstiegschancen. Die Töchter bleiben auf der Strecke. Sie wachsen getrennt auf, die eine in Wien, die andere in München, wo Karl mit seiner jüngeren deutschen Frau nun lebt.
Von da an geht’s im Schnelldurchlauf durch die Geschichte. Zu schnell. Arnautovićs nüchterne, ihre Figuren niemals verurteilende Erzählung führt atemlos vom Nachkriegs-Wien zu den deutschen Studentenprotesten 1968, zur RAF und wieder zurück zur Wiener Hausbesetzer-Szene.
Selten muss man über ein Buch sagen: Es wäre besser gewesen, mehr zu erzählen. Die spannende, ergreifende Geschichte dieser Schwestern hätte das vertragen. Vielleicht kommt da noch was?