Lilli Hollein kommt – und Johanna Rachinger möchte bleiben
Viele hätten es gerne gesehen, wenn Max Hollein, der Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York, mit der Leitung des Kunsthistorischen Museums beauftragt worden wäre. Doch die Rückholung des erfolgreichen Managers scheiterte.
Aber der Sohn des Architekten Hans Hollein hat auch eine drei Jahre jüngere, unglaublich dynamische, erfrischend quirlige Schwester. Und wenn die Spatzen auf den Dächern nicht irren (das ist so gut wie ausgeschlossen), wird eben Karoline Hollein, genannt Lilli, ein Bundesmuseum leiten: das MAK.
Peter Noever hatte das Museum der angewandten Kunst zu einer hippen Institution gemacht, bevor er im Februar 2011 ruhmlos zurücktreten musste. Nachfolger Christoph Thun-Hohenstein führte das Haus in ruhigere Gewässer, er sorgte für Seriosität, er schärfte das Profil, er verzichtete auf Noevers Spielwiese, die zeitgenössische Kunst, und verfolgte ein ehrbares Ziel: das Umdenken angesichts des Klimawandels. Thun-Hohenstein hat sich also nichts vorzuwerfen.
Aber Lilli Hollein ist nicht nur vom Fach, sondern auch ein Wirbelwind. Dies bewies die an der Angewandten ausgebildete Industriedesignerin als Direktorin des von ihr 2007 mitbegründeten Festivals Vienna Design Week: Sie fand Jahr für Jahr aufregende Locations und präsentierte alle aktuellen Tendenzen der Szene.
Möglicherweise macht man ihr zum Vorwurf, im Kuratorium des MAK gesessen zu sein, also über beträchtliches Insiderwissen zu verfügen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie in Hinblick auf die Bewerbung im Februar aus dem Kontrollorgan ausschied. Andererseits muss es immer das Ziel sein, Kuratorien mit den besten Kräften zu besetzen. Und dass Lilli Hollein, Jahrgang 1972, das Zeug zur Direktorin hat, weiß man seit Längerem.
Mit ihrer Bestellung – die Bekanntgabe soll demnächst erfolgen – hätte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer ein Zeichen gesetzt. Im Falle der Nationalbibliothek würde ihr das nicht so problemlos gelingen.
Dieser Tage wurde von der ÖNB der Jahresbericht 2020 versandt. Er liest sich wie ein Bewerbungsschreiben von Generaldirektorin Johanna Rachinger. Natürlich traf die Pandemie auch ihre Institution stark: Die Zahl der Lesesaalbenützer wurde halbiert, jene der Ausstellungsbesucher sank um 70 Prozent. Aber im Gegensatz zu manchem Museumsdirektor verzichtete Rachinger aufs Wehklagen und Jammern. Auch deshalb, weil die Kennzahlen nach wie vor herausragend sind: Die ÖNB verfügt über Rücklagen in der erstaunlichen Höhe von knapp zehn Millionen Euro; die Liquidität ist daher langfristig gesichert.
Der Vertrag von Rachinger – sie leitet die ÖNB seit 2001 – läuft Ende des Jahres aus. Das Kulturministerium schreibt daher am Samstag die wissenschaftliche Leitung aus. Zeitgleich ausgeschrieben wird auch die wirtschaftliche Geschäftsführung (bereits ab 1. Oktober). Die Bewerbungsfrist endet für beide Funktionen am 25. Mai. Auf Anfrage des KURIER gibt Rachinger bekannt, sich bewerben zu wollen. Kein Wunder bei diesen Zahlen.
Kommentare