Leopold Museum entdeckt verschollen geglaubtes Schiele-Gemälde

Leopold Museum entdeckt verschollen geglaubtes Schiele-Gemälde
Das Museum zeigt das Frühwerk als Dauerleihgabe - und will mit einer NFT-Kollektion den Ankauf finanzieren

 Ein Frühwerk von Egon Schiele, das den Onkel des Künstlers am Klavier zeigt, ist wieder ans Licht gelangt: Am Donnerstag präsentierten Direktor Hans-Peter Wipplinger und Verena Gamper, Leiterin des Schiele-Forschungszentrums im Wiener Leopold Museum, das Gemälde aus dem Jahr 1907, das in der Fachwelt bislang als verschollen galt. Es wird nun restauriert und gereinigt - und soll danach als Dauerleihgabe aus Privatbesitz in der Schausammlung "Wien 1900" zu sehen sein.

Mittelfristig will das Museum das Bild erwerben. Um den Ankauf, die Restaurierung und weitere Aktivitäten der Sammlungspflege zu finanzieren, steigt es dazu in den Markt mit NFTs (Non-Fungible Tokens) ein.

Ein alter (Un)bekannter

Das Werk war bisher nur über Vorstudien und das Foto eines Raumes, in dem es an der Wand hing, bekannt. Leopold Czihaczek war   ab 1906  Schieles Vormund gewesen, der Vater war in der Silvesternacht 1904/’05 verstorben. Als Ministerialrat und Oberinspektor der k. k.   Staatsbahnen pflegte er einen bürgerlichen Lebensstil und eine große Liebe zur Musik: in seiner Wohnung in der Zirkusgasse in der Wiener Leopoldstadt befand sich ein großes Musikzimmer mit zwei Klavieren.

Schiele – er war eben erst an die Akademie der Bildenden Künste aufgenommen worden –  porträtierte den Onkel in jener Zeit mehrfach. Es existiert aber nur ein Gemälde, das in der Größe mit dem nun wieder entdeckten Bild vergleichbar ist. Wipplinger nennt das rund 60 mal 100 cm große Werk daher ein „Meisterwerk der Frühzeit“ – stilistisch steht es dem Impressionismus und dem Einfluss von Gustav Klimt näher als Schieles reifem Stil.

Denkbar ist, dass  Klimts Werk „Schubert am Klavier“, das dieser 1893 für den Salon des Mäzens Nikolaus Dumba gemalt hatte, für das Bild Pate stand – es galt um die Jahrhundertwende als Klimts bekanntestes Werk. Aber auch  Czihaczek selbst inszenierte sich gern in Musiker-Pose, sagt Expertin Gamper.

Leopold Museum entdeckt verschollen geglaubtes Schiele-Gemälde

"Lückenlose Provenienz"

Der Ministerialrat  starb 1929. Von  ihm ging das Werk an einen Mann namens Gustav Huber, für den Czihaczek ebenfalls als Vormund fungiert hatte. In der Folge blieb das Bild im Umfeld der Familie – der derzeitige Eigentümer hatte laut Gamper wohl gewusst, dass er „einen Schiele“ besaß, ahnte aber nicht, dass sein Bild seit 100 Jahren als verschollen galt.

Über den Marktwert  des Gemäldes,  das  bei aller Prominenz nicht in den Kanon der „klassischen“ Schiele-Ikonen fällt,  existieren noch keine validen Schätzungen. Das Museum sicherte sich im Leihvertrag ein Vorkaufsrecht zu.

Um den Ankauf, die Restaurierung und weitere Sammlungserweiterungen zu finanzieren, legt das Leopold Museum nun eine "Schiele Collection" auf, bei der Sammler über die Plattform "LaCollection" in Kooperation mit der Österreichischen Post zertifizierte Kopien in verschiedenen Auflagen erwerben können: Als "Ultra Rare" werden die Werke Tote Mutter I, 1910", das Selbstporträt mit Lampionfrüchten, 1912" und das Bildnis Wally Neuzil, 1912 zu Preisen von 100.000 Euro aufgelegt. Hier kommt nur ein NFT auf den Markt, ein zweites bleibt in Museumsbesitz. Die weiteren Abstufungen heißen "Super Rares" (Edition 10 Stück, 10.000 Euro) und "Rares" (100 Stück, 499 Euro). Das wiederentdeckte Gemälde Leopold Czihaczek am Klavier, 1907 wird als „Special Rare“ um 999 Euro zu erwerben sein. 

Leopold Museum entdeckt verschollen geglaubtes Schiele-Gemälde

Zur Kompensation des beim NFT-Handel entstehenden C02-Ausstoßes fließt ein Teil des Erlöses in Klimaprojekte - ist doch die für Transaktionen nötige Rechenleistung auf der zugrundeliegenden Ethereum-Blockchain besonders energieintensiv. Wie viel sich das Museum angesichts des abgeflauten NFT-Hypes an Einnahmen erwartet, wollte Museumsdirektor Wipplinger auf Nachfrage nicht spezifizieren. Man sehe das NFT-Projekt aber auch als Marketingtool und Werbung in Kreisen, die "vielleicht nicht so kunstaffin sind" oder nicht reisen konnten. Gerade aus dem tech-affinen asiatischen Raum seien Besucher zuletzt coronabedingt ausgeblieben.

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