Die Herbstsaison startet mit viel Licht und Donner. Gleich zwei wichtige Bühnen – Volksoper und Theater an der Wien – haben neue Leitungen, Ed Sheeran füllt zwei Mal das Praterstadion, die austrorussische Sängerin Anna Netrebko kehrt an die Staatsoper zurück, und allerlei Ausstellungsblockbuster stehen in den Startlöchern.
Und trotzdem ist es, nach drei Pandemie-Saisonen, wieder kein unbeschwerter Auftakt: Auch die Kulturinstitutionen stehen im Bann der Energiekrise.
Denn für viele Sparten zählen die Energie- zu den größten Kosten. Rockshows haben nicht nur „Super Trouper Lights“, wie ABBA einst sangen, sondern verbrauchen dank Lautsprechern, Leinwänden und Catering in wenigen Stunden Energie, die viele Haushalte tagelang mit Strom versorgen könnte.
Theater lebt von oftmals heizkostenunfreundlichen Bühnen- und Zuseherräumen, Museen müssen ihre Kunstlager und Ausstellungsräume auf konservatorisch vertretbaren Temperaturen und Luftfeuchtigkeitsniveaus halten. Wer in einen Nachtclub geht, will sich nicht erst warmtanzen müssen – diese müssen vorgeheizt sein. Und so werden allerorts die steigenden Energiekosten zum großen, wenn auch nicht zum einzigen Thema. Denn neben höheren Ausgaben drohen auch geringere Einnahmen: Wie weit Kulturausgaben in den unter Druck geratenden Budgets der Menschen Platz haben werden, ist offen.
Die Branche rüstet sich daher für einen kalten Winter. Auch wenn man, wie das Kulturministerium nun verlautete, zumindest im schlimmsten Fall – dem Gaslieferstopp – nicht von etwaigen möglichen Energielenkungsmaßnahmen des Klimaministeriums betroffen wäre. „Der vorgesehene Stufenplan sieht verpflichtende Einschränkungen nur für die allergrößten Gasverbraucher vor – die Kultureinrichtungen des Bundes fallen jedenfalls nicht darunter“, hieß es gegenüber dem KURIER. Obwohl der Energieverbrauch durchaus hoch ist: „Der Bundestheaterkonzern hatte 2021 einen Ausstoß von ca. 3.150 Tonnen CO2-Äquivalenten“, hieß es (siehe Faktenbox).
Sparen und Suchen
Theater und Museen machen sich derzeit jedenfalls auf die Suche nach Möglichkeiten, den Energieverbrauch – und damit die Kosten – zu senken. Überlegungen betreffen alles von Temperatursenkung über Beleuchtung bis hin zu Schließtagen. Es gibt eine neue „Monitoring-Gruppe“ – man beobachtet also die Entwicklung. Es geht um viel Geld – wie viel? Einen ungefähren Rahmen skizzierte Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder dem KURIER: Mit den prognostizierten Strompreiserhöhungen rechne man im laufenden Jahr mit einer Erhöhung von 1,4 Millionen Euro bei den Energiekosten, Inflationsanpassungen würden weiters eine Million mehr Personalkosten und 1,5 bis zwei Millionen Mehraufwand bei anderen Aufwendungen produzieren, sagt er. „Schließtage“ will Schröder nicht als Maßnahme andenken. „Sie würden nicht wirklich etwas bringen.“
Jedenfalls heißt es schon jetzt aus dem Kulturministerium, dass „die finanziellen Auswirkungen der Energiekrise in den demnächst anstehenden Budgetverhandlungen Thema sein“ werden.
Andere müssen ihr Geld selbst verdienen. Etwa die Clubs. Und dort weiß man: Es wird eng. Ein Club mit einer Kapazität von rund 900 Personen müsse ab Herbst nicht mehr wie gewohnt mit rund 6.500 Euro Strom und Gas im Monat, sondern mit rund 21.500 Euro kalkulieren, sagt Martina Brunner von der Vienna Club Commission.
„Aber die Getränke- oder die Eintrittspreise können nicht plötzlich auch das Doppelte ausmachen“, betont sie. „Wir dürfen die Gäste nicht überfordern, die ja zudem im privaten Bereich mit den enorm gestiegenen Kosten zu kämpfen haben“, sagt auch Joachim Natschläger (u. a. „O – der Klub“, „Inc.“). Man hofft auf reduzierte Steuern und Förderungen, um „klimafit“ zu werden, sagt Brunner.
Unter Strom
Im Popbereich ist man in Wartestellung, sagten Veranstalter Filip Potocki von Arcadia-Live und Ewald Tatar von Barracuda Music. „Man merkt, dass konkrete Zusagen von Agenten oder Managements zögerlicher kommen und dass alle beobachten, wie sich die Energiepreise entwickeln“, sagt Tatar. Einfluss auf den Energieverbrauch und damit die Kosten haben die heimischen Veranstalter bedingt: Die Entscheidung darüber, wie viel Strom bei einem Konzert verbraucht wird, fällt nicht bei ihnen, sondern bei den Acts und Managements, die entweder mit aufwendiger Produktion und Show auf Tour gehen – oder nur mit ein paar Instrumenten. All das wird sich jedenfalls, sagen Tatar und Potocki, auf die Ticketpreise niederschlagen.
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