Die Fotos der Maler Herbert Brandl und Gunter Damisch sind in Buchform erschienen - und erzählen vom künstlerischen Blick
06.03.21, 05:00
Jetzt heißt es schnell sein: Nur noch heute, Sonntag (7.3.), sind die beiden Ausstellungen von Herbert Brandl im Kunsthaus Graz („MORGEN“) sowie im Grazer Künstlerhaus („24/7“) geöffnet. Die jeweils sehr unterschiedlichen Zusammenstellungen aus Werkgruppen des gebürtigen Steirers – Gemälde und Skulpturen im Kunsthaus, Arbeiten auf Papier im Künstlerhaus – bekamen die Lockdowns voll ab. Ein Fotobuch, das nun erschienen ist, zeigt aber vor, dass Bilder in Brandls Kosmos ohnehin nie nur an einem Ort festzumachen sind.
Der Band „ÜBERMORGEN“ zieht den bereits unter Pandemie-Vorzeichen gewählten Titel der Ausstellung („utopisch und dystopisch zugleich“, schreibt Kuratorin Barbara Steiner) weiter und löst das klassische Kunstkatalog-Format – hier Ausstellung, dort Erläuterung und Dokumentation – auf. Statt säuberlicher Werkabbildungen versammelt der Band Fotos, die Brandl während der Vorbereitungszeit der Schau teils selbst machte, teils sammelte. Die Anordnung überließ der Künstler großteils einem Algorithmus zur Erstellung von Fotobüchern – eine Praxis, die er im halb-privaten Rahmen seit Längerem pflegt.
Es ergeben sich daraus teils skurrile Sequenzen – ein Orientteppich knallt da förmlich an ein monumentales Bergbild des Malers, knallgelbe Wohnhäuser scheinen mit gelben Stellwänden im Kunsthaus Graz zu korrespondieren, Brandls Hauskatzen mit jenen Wesen, die sich – teils in Bronze gegossen – in der Kunsthaus-Schau wiederfinden.
„Dialoge mit der Maschine zum Nutzen der eigenen Kreativität“, nennt der Kurator Günter Holler-Schuster Brandls Foto-Praxis. Sie ebnen das Gefälle zwischen Kunst und Nichtkunst radikal ein, zeigen aber auch, wie sich der Künstler im Bildfluss der Gegenwart bewegt. Was ist es wert, zum Gemälde zu werden, was ist zu tun, um aus dem Banalen etwas Bleibendes zu machen? Malerei ist vor diesem Hintergrund kein Festnageln eines Eindrucks, sondern ein in viele Kräfte eingebettetes und doch gezieltes Tun. Das Motiv des Gartens, aus dem nicht nur Brandl viel Inspiration zieht, taucht nicht zufällig prominent auf.
Es lohnt, dazu das Ende 2020 erschienene Buch „Herzort Augfeld“ zur Hand zu nehmen, denn es wirkt wie ein Verwandter: Der Band führt zu dem 2016 verstorbenen Gunter Damisch, der wie Brandl als Vertreter der „Neuen Malerei“ der 1980er bekannt wurde und selbst auch eifrig fotografierte. Die Auswahl wurde hier nicht an Maschinen ausgelagert – als Herausgeber fungierten Damischs Witwe und sein Sohn – und es spricht viel Persönliches aus den Bildern, die ein Porträt von Damischs langjährigem Lebens- und Arbeitsort Freidegg/NÖ ergeben.
Auch dort wuchert ein Garten, wachsen Pilze, springen Fische. Die Kunst ist mittendrin, als Moment des Innehaltens im Kommen und Gehen: Vielleicht kann einen das Gefühl des Mit-allem-Verbunden-Seins ja auch über Phasen des Abgeschnittenseins hinüberretten.
Herbert Brandl: ÜBERMORGEN. Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König,
228 Seiten, 27,80 €.
Gunter Damisch: Herzort Augfeld. Verlag für moderne Kunst, 352 Seiten, 40 €
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