Konzerthaus-Chef wünscht sich Katastrophenfonds und "mehr Transparenz“

Konzerthaus-Chef wünscht sich Katastrophenfonds und "mehr Transparenz“
Matthias Naske. Der Chef des Wiener Konzerthauses über Absagen, Musik, gelebte Solidarität und Planungssicherheit

Eigentlich wollte er dieser Tage das Saisonprogramm 2020/’21 präsentieren. Und er wollte – wie auch Tausende Menschen – in „seinem“ Haus viele großartige Konzerte erleben. Der Plan war mehr als gut, dann kam aber das Coronavirus. Und Intendant Matthias Naske steht plötzlich vor ganz anderen Herausforderungen. Nicht was die nächste Saison betrifft, die ist nämlich fix geplant, ab heute buchbar und bringt wieder die besten Künstlerinnen und Künstler ins Konzerthaus.

Der Jazzer Brad Mehldau, die Geigerin Janine Jansen, die Tschechische Philharmonie mit Dirigent Semyon Bychkov oder der fabelhafte Flötist Emmanuel Pahud – ihnen sind die großen Porträts gewidmet; das Musikfest 2021 beschäftigt sich mit dem Mythos „Prometheus“ und im Finalkonzert (nebst Beethoven) auch mit Luigi Nonos „Prometeo“.

Solidarität

So weit, so schön. Dass es mit den Wiener Festwochen „derzeit keine Gespräche“ über das Musikfest gibt, kann Matthias Naske noch irgendwie verschmerzen. Was aber wirklich wehtut: „Ich denke an die vielen Künstlerinnen und Künstler, die so fabelhafte Musiker, aber keine so genannten Stars sind. Für sie ist die derzeitige Situation leider existenzbedrohend“, so Naske im KURIER-Gespräch. Und: „Als Dienstgeber versuche ich, unsere Mitarbeiter, die alles retten, was zu retten ist und einen hohen Grad an Selbstorganisationskraft haben, zu versorgen. Denn der Dienstgeber hat eine soziale Verantwortung – weit über das Kulturelle hinaus. Doch das Kulturelle muss auch bestehen bleiben.“

Naske weiter: „Am Schwächsten sind die freien Musiker, auf die muss man aufpassen.“ Daher: „Ich fände einen Kulturkatastrophenfonds sehr angemessen.“ Was das Konzerthaus betrifft: „Wir erleben eine unglaubliche Welle der Solidarität. Wir konnten viele Veranstaltungen auf freie Tage etwa im Herbst verschieben. Gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit. Anne-Sophie Mutter kommt, viele Orchester auch. Abgesagt ohne Alternativtermin ist das Gastspiel des San Francisco Symphony Orchestra mit Michael Tilson Thomas. Hier wird das Geld refundiert. Aber ich erlebe gerade, dass viele unserer Besucher den Preis der bereits gekauften Karten uns als eine Art von Spende schenken. Dafür danke!“

Und: „Wir wissen nicht, wann der Spielbetrieb weitergehen kann. In diesem Bereich wünsche ich mir mehr Transparenz der Bundesregierung, die bisher aber alles richtig gemacht hat. Es ist ein Unterschied, ob wir sagen: Wir eröffnen die Saison am 15. September wie geplant, oder wir dürfen nach Ostern wieder Veranstaltungen abhalten. Von einem Tag auf den anderen aufsperren - das geht leider auch nicht.“

„Ja, es gibt einen Einnahmen-Verlust, der uns trifft. Aber – und das ist einzig Gute an dieser Krise – man sieht, dass die Zivilgesellschaft funktioniert. Vielleicht können wir alle nach diesen Ereignissen, die wir hoffentlich bald besser im Griff haben, näher zusammenrücken. Diese Krise ist auch eine Chance. Denn die Menschen sind nicht zu unterschätzen in ihrer Intelligenz. Und wer will kann auf der Website www.konzertzuhaus.at auf die Zukunft schauen.“

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