Klaus Albrecht Schröder will Veränderung - ohne den Dürer-Hasen umzumalen

Klaus Albrecht Schröder will Veränderung - ohne den Dürer-Hasen umzumalen
Der noch bis Ende 2024 amtierende Direktor der Albertina im Gespräch über gesellschaftlichen Wandel und neue Herausforderungen

KURIER: Sie starten das Ausstellungsjahr kommende Woche mit   Druckgrafiken von Dürer bis Miró. Meine Kinder fangen damit nichts an –  die Bilder sind ihnen zu kleinteilig. Wo spricht die Albertina eine Sprache, die die Bildschirm-Generation versteht, wo nicht?
Klaus Albrecht Schröder: Das Problem ist nicht so sehr die Bildschirmgeneration – wir haben keinen Mangel am Zuspruch des Publikums, das geht durch alle Generationen und, wenn man etwa die Basquiat-Ausstellung hernimmt, auch durch alle Schichten und alle Herkünfte. Wir haben als Museen das Problem, dass unsere Objekte der Aufmerksamkeitsökonomie der Gegenwart nicht mehr genügen – das kleine Format, womöglich schwarz-weiß, ist eines davon.  Es ist keine Frage, dass wir immer weniger Voraussetzungen für ein Stillhalten, für langes Lesen, ruhiges Betrachten mitbringen.   Ich habe   noch vor einigen Jahren angenommen, dass  der Transformationsprozess, den ich herbeigeführt habe, uns für die nächsten Jahrzehnte gegen den Druck der Zerstreuung immunisieren würde – ich musste aber feststellen, dass in den letzten 10 Jahren    gesellschaftliche Umwälzungen stattgefunden haben, die uns zwingen, das Museum nochmals neu zu denken  –   fundamental und tiefgreifend.

Können Sie sagen, was   dieser Transformationsprozess konkret für die Albertina bedeutet?
Sie müssen nur die Kunst selbst betrachten. Künstler haben sehr sensibel auf diese Veränderungen reagiert – dass sie in riesigen Formaten arbeiten, mit einer Buntfarbigkeit und einer Ästhetik, die einen sofort packt und mitreißt. Die Künstler sind ja nicht schizophren, sie leben  genauso mit der neuen Realität wie wir alle – und das müssen wir in unsere Museen reflektieren. Und zwar nicht mehr, wie wir früher geglaubt haben, allenfalls  in Ausstellungsprogrammen, während sich die Sammlungspolitik um den Kanon kümmert, der fernab von diesen Gegenwartsströmungen stabil bleibt. Nein: der Kanon, an den ich weiterhin als Maßstab glaube, hat sich seinerseits verändert, und wir müssen eigentlich diese neue Kunst sofort in die Sammlungen integrieren. Die Herausforderung besteht darin, das Museum immer kurzatmiger an die jüngsten Entwicklungen der Kunst so heranzuführen, so dass es die ganze Struktur  ergreift, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, alle Aktivitäten.

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