Kim Cattrall: "Es gibt so viele Geschichten, die wir als Frauen erzählen können"
Als Samantha Jones in „Sex and the City“ gelang Kim Cattrall der Durchbruch. Nun ist die Schauspielerin in der neuen TV-Serie „Filthy Rich“ zu sehen (in den USA Ende September gestartet), in der sie nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern bei der sie auch als Produzentin fungiert.
KURIER: Worum geht es in „Filthy Rich“?
Kim Cattrall: Es geht um eine typische Südstaaten-Familie, wo alle TV-Evangelisten sind. So etwas gibt es in Amerika ja immer wieder. Der Ehemann kommt – angeblich – bei einem Privatjet-Absturz mit Nutten ums Leben, und Margaret Monreaux, seine Frau, die ich spiele, übernimmt die Geschäfte – während sie draufkommt, dass er auch noch drei erwachsene, uneheliche Kinder hinterlassen hat, die auf sein Geld aus sind. Der Erfinder und Regisseur der Serie ist Tate Taylor („The Help“), der in den Südstaaten aufgewachsen ist und daher die Mentalität kennt.
Wie würden Sie Ihre Rolle beschreiben?
Sie besitzt diese feministischste aller Qualitäten – Eier! Sie ist süßer als der Himmel und tougher als die Hölle. Man nennt sie die „Unbefleckte Täuschung“. Eine eiserne Faust in einem Samthandschuh. Sie ist extrem stark, aber das kommt verkleidet als überschwängliche Freundlichkeit. Sie ist eine wahre „Southern Belle“, eine weiße Südstaatenfrau, die ihre Gemeinheiten unter drei Lagen Süßlichkeit versteckt. Sie ist eine köstliche Figur, die mich an „Dallas“ und „Der Denver Clan“ erinnert. Ich habe große Freude an ihr.
Ist Ihnen die Figur im Geringsten ähnlich?
Nein, aber genau das und das Geheimnis, das sie umgibt, hat mich fasziniert. Ich bin 64, und um eine Rolle anzunehmen, muss ich wirklich interessiert sein. Und neugierig. Ich weiß nicht, was inhaltlich noch alles passieren wird, und das weckt mein Interesse. Ich selbst bin nicht religiös aufgewachsen, ich bin am Sonntag in die Kirche gegangen, nicht weil ich an Religion interessiert war, sondern, weil ich Solo singen durfte. Das Christentum und seine Lehren haben mich herzlich wenig interessiert.
Sie sind nicht nur Protagonistin, sondern auch Produzentin. Wie wichtig ist das?
Es ist ein Traum. Ich habe zwei vorige Erfahrungen als Produzentin, aber hier wollte ich von Tate Taylor lernen, der schon so viele Projekte gemacht hat. Natürlich will ich weiter schauspielen, aber auch in Zukunft hinter der Kamera eine Stimme haben. Und selbst, wenn es keine Rolle für mich gibt, denn es gibt so viele Geschichten, die wir als Frauen erzählen können. In meinem Alter all diese neuen Chancen zu bekommen, ist wirklich wunderbar.
Sie haben mehrmals Ihr Alter erwähnt, was für einen Hollywoodstar sehr ungewöhnlich ist. Wie sind Sie so natürlich geblieben?
Ich bin in meiner Familie mit Frauen aufgewachsen, die nie gedacht haben, Alter wäre etwas Negatives, ganz im Gegenteil. Ich war immer davon überzeugt, dass mit dem Alter mehr und bessere Lebenserfahrungen kommen. Ich bin mein ganzes Leben lang herumgereist, habe unendlich viele Menschen kennengelernt, in verschiedenen Ländern gelebt, tausende Bücher gelesen. All das hat mich offener gemacht, und ich betrachte das Altern als nichts als ein Geschenk. Ich weiß nicht, was die nächsten zehn Jahre bringen werden, aber jetzt, in meinen 60ern, genieße ich es sehr, Rollen zu spielen, die mir in meinen 50ern versagt blieben. Für meine eigene mentale Gesundheit möchte ich das Älterwerden nicht bekämpfen, sondern willkommen heißen.
Wie macht man das?
Ich interpretiere das Altern neu. Ich habe mit 64 eine neue Serie, ich werde am Broadway spielen, und darauf kann ich auch warten. Ich bin endlich alt genug, Rollen zu spielen, die ich mit 35 nie hätte spielen können. Das Thema Älterwerden zieht sich auch durch meine Rollen. Als Samantha Jones in „Sex and the City“ hatte ich eine Dialogzeile: „Ich bin 50 und fabelhaft!“ Das musste laut ausgesprochen werden, es war nicht selbstverständlich. Es sind Serien wie diese, die das Altern neu definiert haben. Ich will kein Postergirl sein, sondern jedes neue Jahrzehnt neu beleuchten.
Viele überrascht es, wenn sie herausfinden, dass Sie nicht Amerikanerin, sondern in Liverpool geboren sind. Wie schaffen Sie die Akzente so perfekt?
Der amerikanische Akzent ist mir immer leichtgefallen. Zu klingen wie Samantha war nicht schwierig. Aber hier hatte ich einen Dialektcoach, denn alle glauben immer, der Südstaatenakzent ist überall gleich, die lang gezogenen Worte, das Abschneiden von Konsonanten. Das mag für Texas und Georgia zutreffen, aber Louisiana ist viel subtiler, viel melodischer. Ich habe dafür lange geübt.
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