Sie ist die von ihrer Schwiegermutter, der Kabanicha, Unterdrückte, von ihrem Ehemann Tichon nicht Unterstützte, von Boris und ihrem eigenen Begehren Verführte und am Ende völlig Alleingelassene, an ihrer Schuld zugrunde Gehende.
Wie Winters das bei ihrem Salzburg-Debüt spielt, auf der Bühne der Felsenreitschule hin- und herrennend, verzweifelt einen Ausweg aus dieser Beklemmung suchend, ist erstklassig. Und auch sängerisch beeindruckt sie das heftig applaudierende Publikum mit klarem Sopran mit schöner Höhe, dramatisch genug für diese Rolle, technisch aber nicht ganz ausgereift. Jaroslav Březina ist ihr ausdrucksstarker, als Person schwacher Ehemann, David Butt Philip ihr etwas unterbelichteter, feiger Liebhaber, Evelyn Herlitzius ihre grandiose Gegenspielerin und Aufwieglerin aller gegen sie. Sehr gut: Benjamin Hulett als Kudrjáš und Jarmila Balážová als Varvara, das junge Paar.
Die musikalische Gestaltung durch Jakub Hruša und die Wiener Philharmoniker ist gut, sensibel, zurückgenommen, differenziert, zwischen spätromantischen Klängen und volksmusikalischen Liedern changierend, die harmonischen Raffinessen und den Farbenreichtum des genialen Komponisten fein herausarbeitend. Manches könnte dramatischer sein, eindringlicher, emotionaler, auch kraftvoller.
Die Inszenierung von Barrie Kosky nützt die Felsenreitschule – im Gegensatz zu Romeo Castellucci, der sie bei der Bártok/Orff-Premiere völlig verhängt hat – gut, die Arkaden sind geschlossen, die Personenführung ist nicht übel, Káťa und die Kabanicha sind glaubhaft, aber recht stereotyp gezeichnet.
Auf die ansonsten leere Bühne stellt Kosky hunderte Schaufensterpuppen, die die Bedrohung durch die Gesellschaft zeigen, alle nur von hinten zu sehen, offenkundig haben die Menschen ihre Gesichter von Anfang an von der Protagonistin abgewendet. Er arrangiert diese Massen, die auf Schienen fixiert sind, immer wieder neu, dafür braucht er Vorhänge. Angezogen sind alle klischeehaft, wie aus einem Billigkatalog, soll wohl aktuell sein. Und auch Káťa und die anderen jüngeren Menschen tragen Kleider von fragwürdigem Geschmack, kurze Jeansröcke, allzu bunte T-Shirts, hellbraune Lederjacken – hier wird plakativ eine Provinzgemeinde im Osten gezeigt werden, sehr vorurteilsbehaftet.
Kosky versucht zwischendurch auch etwas Humor einzubringen, etwa bei dem älteren (Liebes?-)Paar Kabanicha und Dikoj, dessen große Szene er als Sado-Maso-Spiel mit platten Würstel-Gags auf die Bühne bringt. Ist nicht frei von Vulgarität.
Insgesamt hat man das Gefühl, dass dem Regisseur die leichte Muse oder Opern mit Unterhaltungsanspruch wesentlich besser liegen als eine solche Tragödie.
Professionell ist es allemal, Kosky macht ja seit Jahren genug, da muss er nur in die Trickkiste greifen. Zu seinen besten Arbeiten zählt diese Janáček-Premiere definitiv nicht. Und auch nicht zu den Highlights der Festspiele. In einem Repertoire-Opernhaus wäre das eine ordentliche Produktion, bei Wiederaufnahmen nicht sehr aufwendig, in Salzburg darf man in jeder Hinsicht mehr erwarten. Dieses Werk hat größeres Potenzial.
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