Ist man soziophob, bloß weil man keine Leute mag?

Gideon Maoz, Steffen Höld und Barbara Horvath in „Queen Recluse“.
Im Schauspielhaus debütiert ein Schauspieler als Autor: "Queen recluse" ist gelungen.

Thiemo Strutzenberger könnte der Joachim Meyerhoff des Schauspielhauses werden. Er spielt wahnsinnig gut und er schreibt – ziemlich gut.

Der 32-jährige Oberösterreicher lernte bei Brandauer, spielte an der Burg und am Hamburger Schauspielhaus und gehört zu den Juwelen des (überhaupt fantastischen) Ensembles des Wiener Schauspielhauses. Und weil das nicht reicht, hat er nun ein Stück über Emily Dickinson geschrieben. Dem merkt man zweierlei an: Dass der Autor mit René Pollesch gearbeitet hat und dass er einen Masterstudiengang für Gender Studies belegt hat.

Im Zentrum des einstündigem Stücks „Queen Recluse“ steht mit Emily Dickinson eine US-Lyrikerin, deren Depressionen mindestens so oft wie ihre Gedichte besprochen werden. Strutzenberger fordert Gerechtigkeit für die angeblich Sozio- und Agoraphobe: Vielleicht hatte sie einfach keine Lust auf andere Menschen und auf andere Räume als ihr Schlafzimmer. In parodistischem, manchmal hysterischem Ton arbeiten sich vier Schauspieler an der rätselhaften Autorin ab (Regie: Martin Schmiederer). Schwallartige, oft komische, streckenweise ermüdende Dialoge erinnern an Pollesch, ergeben aber mehr Sinn.

Überzeugend die Schauspieler: Barbara Horvath als Emily Dickinson, Myriam Schröder als deren Schwägerin Susan, Gideon Maoz als Emilys Bruder und Steffen Höld als feministischer Literaturkritiker Higginson, der nicht alles kapiert.

Eine gute Lösung gelingt Christian Tabakoff für den schwierigen Raum im „Nachbarhaus“: Die Bühne steht auf einem Podest, die Zuschauer sehen besser als sonst.

KURIER-Wertung:

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