Interview mit David "Dave" Scheid: „Immer nur lustig sein ist anstrengend“
Kalkuliert hat er es nicht, aber gefreut hat es ihn schon: „Es hat mir die Möglichkeit geboten, einmal nicht der Dave zu sein. Zu zeigen: Da geht auch was anderes.“
Was anderes als Dave. Denn David Scheid kennt man vor allem als Dave. Als „Influencer Dave“ im Serien-Format „DAVE“, als Society-Reporter Dave in der ORF-Satire-Sendung „Willkommen Österreich“, als Kabarettist Dave mit eigenem Programm. Zerzaust zwischen Anarcho-Witz und Politsatire, ist David Scheid zumeist Dave.
Aber David Scheid kann auch anders.
„Meine erste nicht komödiantische Rolle“
Er kann auch 18. Jahrhundert auf dem Land, religiöser Bauernsohn und Ehemann einer depressiven Frau. Das beweist er eindrucksvoll in dem düsteren Psychodrama „Des Teufels Bad“ (derzeit im Kino) von Veronika Franz und Severin Fiala. Das Regieduo gab ihm „meine erste nicht komödiantische Rolle“, strahlt der Kabarettist: „Das war super.“
Ob er die Filme von Franz und Fiala vorher kannte?
„Ich wusste, dass sie wilde Hunde sind“, räumt er ein, „aber als ich das Drehbuch las, habe ich gleich gemerkt: Das ist nicht vordergründig grausig und jump-scary. Das ist eine andere Geschichte.“
Muttersöhnchen
David Scheid spielt in „Des Teufels Bad“ Wolf, den Sohn einer dominanten Teichwirtin (Maria Hofstätter) in der tief religiösen, oberösterreichischen Provinz von 1750. Gleich zu Beginn heiratet er die junge Agnes (Anja Plaschg) und zieht mit ihr in ein winziges Haus mitten im Wald.
Wolf und Agnes mögen einander, doch es klappt nicht zwischen ihnen. Die junge Frau kann sich in die archaische Arbeitswelt, beherrscht von der strengen Schwiegermutter, nicht einleben und verfällt in Melancholie. Wolf bemüht sich um Agnes, kommt aber nicht an sie heran und wird von seiner Mutter unter Druck gesetzt.
„Wolf ist pflichtbewusst und möchte der Gesellschaft entsprechen“, überlegt Scheid: „Vielleicht ist er ein bisschen ein Muttersöhnchen und ein bisschen ein Armutschkerl, aber er hat eine weiche Seele, und er ist kein roher Prügler.“
Tatsächlich habe Wolf auch etwas von „Dave“, sinniert Scheid und muss lachen: „Wolf ist auch ein bisschen ein Dodel. Den konnte ich von Dave mit in die frühe Neuzeit nehmen.“
Alle Dialoge wurden improvisiert
Die Rollenvorbereitung nahm der 1983 in Wien geborene, aber in Niederösterreich aufgewachsene Schauspieler ausgesprochen ernst. Gemeinsam mit Maria Hofstätter zog er eine Woche auf einen Bauernhof, den ein Bauer mit seiner Mutter bewirtschaftet – „wie in unserem Film“.
Er half bei der täglichen Arbeit und polierte sein „Kabarett-Oberösterreichisch“ auf. Nachdem der Kuhstall ausgemistet, das Heu gerecht und die Zwetschken geklaubt waren, setzte sich Scheid abends mit Maria Hofstätter zu dem Bauer in die Stube, holte sein Notizbuch aus der Tasche und analysierte akribisch oberösterreichische Ausdrücke.
Alle Dialoge beim Spielen von „Des Teufels Bad“ wurden improvisiert, deswegen musste der Dialekt besonders gut sitzen. Grundsätzlich sei Improvisieren kein Problem für ihn, grinst Scheid, „weil Textlernen ist nicht so mein Ding. Ich freu’ mich voll, wenn improvisiert wird.“
Kein Schmäh-Führen
Bei einem fremden Dialekt in der Rolle bleiben, noch dazu, wenn auf analogem, sprich: teurem Filmmaterial gedreht wird, sei aber eine ganz schöne Herausforderung gewesen.
Dazu brauchte es viel Konzentration: „Am Set war einfach jeder ständig fokussiert“, erinnert sich Scheid: „Es gab kein Schmäh-Führen zwischendurch, sondern jeder war voll in seiner Rolle. Wir haben nicht sehr viel geredet. Manchmal war das strange. Aber man hatte das Gefühl, alle ziehen am selben Strang.“
Eiswürfelbäder wie Kollegin Anja Plaschg, um sich für den Dreh an die Kälte zu gewöhnen, habe er aber keine genommen: Eine Skiunterhose unter der Lederhose aus dem Jahr 1929 („Sie ist siebenmal mal gerissen!“) hätte gereicht: „Zu komfortabel darf man es sich auch nicht machen, sonst ist es nicht authentisch.“
In jedem Fall kann sich David Scheid bestens vorstellen, auch in Zukunft „ernste“ Rollen zu spielen: „Ernst und grantig und böse, alles gerne. Macht voll Spaß. Weil immer nur lustig sein ist wirklich anstrengend.“
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