Ina Jovanovic: "Frauen wollen sich einfach nicht mehr verarschen lassen"

Comedian Ina Jovanovic
Comedy-Talent Ina Jovanovic erzählt vom großen und kleinen Alltagswahnsinn als Ü30-Frau in Wien mit Kärntner- und Balkanwurzeln.

Es begann in den Zehnerjahren, als Ina Jovanovic zum ersten Mal in einem Video einen Komiker mit Balkanwurzeln auf einer Wiener Kabarettbühne sah. 

"Das war damals der Mario Lucic. Der stand auf der Bühne und erzählte von seinem Balkan-Vater – und ich dachte mir: 'Mein Papa ist genauso, das könnte ich ja auch." 

Künstlerinnen und Künstler mit Migrationshintergrund waren zu der Zeit noch kaum gesehen in der österreichischen Kabarettszene. "Mir kam damals zum ersten Mal der Gedanke: 'Aha, uns Jugos will auch wer zuhören!'", lacht Ina Jovanovic.

Ihr Lachen ist generell ziemlich ansteckend. Dass sie mehr Talent dafür hat, andere zu unterhalten als für einen Bürojob hat die Kärntnerin mit Balkan-Eltern bald gemerkt. 

Es ging von Klagenfurt nach Wien, aus zaghaften ersten Versuchen auf Open-Stages wurden immer mehr Auftritte, aus dem "Side-Hustle" Stand-Up-Comedy schließlich der neue Lebensweg. "Ende 2021 habe ich dann angefangen, auch Videos auf TikTok zu posten – denn ich wusste, keiner meiner Verwandten ist dort."

Von Kärnten nach Wien – und auf die Bühne

Zwar ist das Elternhaus nach wie vor "skeptisch" ob der Berufswahl, der Erfolg gibt Ina Jovanovic aber Recht. Den Bürojob hat sie mittlerweile gekündigt, ihr Geld verdient die 31-Jährige nun hauptberuflich als Content-Creatorin und Vollzeit-Comedienne. Auf TikTok und Instagram zählt sie jeweils rund 40.000 Follower. Hauptfokus soll aber die Live-Bühne bleiben. Mit ihrem aktuellen Programm "Unerwartet" tritt Ina Jovanovic am 14. Jänner im Wiener Stadtsaal auf, es folgen noch weitere Termine in Wien, Linz, Salzburg und im Burgenland. 

Warum gerade das Dating-Leben ein steter Quell der Inspiration für sie ist, wie sie Diskriminierung von Frauen und die "Bro-Kultur" in der Comedy-Szene erlebt hat und wie sie gesellschaftliche Vorurteile humoristisch hervorhebt, verriet das Unterhaltungstalent im Gespräch mit dem KURIER.

KURIER: Sowohl Ihr Balkan-Hintergrund als auch Ihre Kärntner Wurzeln liefern Ihnen Stoff für Videos. Welche Klischees versuchen Sie zu entkräften, indem Sie sie mit Schmäh hervorheben?

Ina Jovanovic: Manchmal höre ich die Kritik, ich würde zu sehr mit den Jugo-Stereotypen spielen. Wobei ich das stets nur von Österreichern gesagt bekomme. Die Jugos hingegen lachen darüber, weil in meinen Comedy-Überzeichnungen auch viel Wahrheit steckt. Es ist heilsam, über manche Dinge einfach lachen zu dürfen. Junge Jugos denken sich: "Meine Mutter ist genauso, haha" – obwohl wir alle eigentlich in Therapie gehören (lacht). Aber viele, die diese Situationen selbst nicht erlebt haben, empören sich dann darüber, wie "klischeehaft" die Darstellung in meinen Videos ist. Dabei mache ich sie einfach nur, um die Leute zu unterhalten.

Sie behandeln in Ihren Clips verschiedenste Themen, insbesondere die Videos rund ums Dating-Leben kommen gut an. Wie viel Wahrheit steckt darin?

Manche Dinge habe ich auch von Freundinnen gehört, nicht jedes Video basiert rein auf meinen eigenen Erlebnissen. Aber der Kern ist natürlich wahr, ich bin schließlich Single und gehe auf Dates. 70 bis 80 Prozent sind tatsächlich so erlebt, der Rest ist dann überspitzt zu Unterhaltungszwecken. 

Was macht denn das Dating für Frauen über 30 so schwierig?

Ich glaube, wir Frauen wollen uns einfach nicht mehr von Männern verarschen lassen (lacht). Je älter und erfahrener man wird, desto weniger lässt man sich gefallen. Man hat sich in einem gewissen Alter eben ein schönes Leben aufgebaut, in das man nicht mehr jeden hineinlassen möchte. Das ist bei Freundschaften wohl ähnlich. Je gefestigter und selbstbewusster der Charakter ist, desto schwieriger wird es wohl, Leute zu treffen, die ins Leben passen.

Wie oft werden Sie von Männer gefragt, ob sie später als Referenz in Ihrem Programm oder Videos landen werden?

Die ganze Zeit (rollt mit den Augen). "Was, du bist Comedian? Jetzt muss ich aber aufpassen, was ich sage!" ... erstens einmal bin ich eine ganz normale Frau, die auf Dates gehen möchte. Ich gehe nicht zu Verabredungen, um Stoff für mein Programm zu sammeln. Und zweitens: Viele Männer sind nicht interessant genug, um sie dafür überhaupt zu erwägen (lacht). Warum sollte ich das also machen?

Stichwort Sexismus: An welche unangenehmen Situationen bei Dates mit Männern können Sie sich erinnern?

Mich nervt und verwundert es immer wieder, wie stark Mansplaining noch präsent ist, insbesondere, wenn man Komikerin ist. Mir erzählen Männer bei Dates oft, wie "lustig" sie selbst denn nicht auch sind – und ich denke mir: "Die Schmähs, die du mit dem Herbert im Büro führst, sind vielleicht doch etwas anderes als ein abendfüllendes Programm." Viele glauben, man stellt sich auf die Bühne und plaudert einfach 20 Minuten drauf los – und vergessen, wie viel Probenarbeit, Texten und Auswendiglernen dahintersteckt. 

Sie gehen in Ihren Videos auch auf die Vorurteile ein, mit denen Frauen im Alltag konfrontiert sind. Sehen Sie sich als feministische Aktivistin?

Ich würde mich schon als Feministin beschreiben, mein primäres Ziel ist es aber, zu unterhalten. Ich will, dass die Menschen sich nach einem schlechten Tag meine Videos oder mein Bühnenprogramm anschauen und zumindest kurz ihre Probleme vergessen können. Daher spreche ich nicht zu viel über feministische oder gesellschaftspolitische Inhalte, da es die Leute wieder an die traurige Realität erinnert. 

Trotzdem greife ich immer wieder solche Themen auf, versuche sie aber mit Humor rüberzubringen. Gerade mit meinem Background: Als Frau, mit Migrationshintergrund und dann auch noch aus Kärnten! (lacht). Ich würde mir wünschen, dass Frauen oder junge Leute meine Inhalte sehen und sich denken: "Schau, das ist eine 'Jovanovic'. Wenn die das kann, kann ich das vielleicht auch."

"Als Frau in der Show bist du wie der Kindertisch auf der Hochzeit"

Wie weit hat sich Ihr Umfeld verändert, seitdem Sie bekannter geworden sind? Gab es viel Support, oder viel Neid?

Den Neid erlebe ich eher in der Comedy-Szene selbst, insbesondere bei den Männern. Es fängt damit an, dass sie dich als Frau nicht ernst nehmen. Stand-Up-Comedy ist nach wie vor sehr männerdominiert. Wenn du als Frau bei einer Mixed-Show dabei bist, bist du wie der Kindertisch auf einer Hochzeit – nach dem Motto: "Die Kinder sind halt auch dabei, aber eigentlich ist es eine Feier für Erwachsene." So sehen sich viele Männer: Sie sind diejenigen, die es "gscheit" machen, und die Mädels dürfen halt auch mitspielen. Nicht alle zum Glück, manchmal trifft man auf wirklich liebe Kollegen. Aber die meisten haben schon sehr starke Egos.

Auch pushen die Jungs sich gegenseitig sehr. Wenn sie etwa Mixed-Shows organisieren, fragen sie zuerst all ihre Burschen, ob sie mitmachen wollen. Erst dann laden sie noch eine Frau ein, um möglichen Shitstorms zu entgehen. Da fliegen die High-Fives für die "Bros" nach jedem Auftritt – während wir Frauen höchstens einen kleinen Klopfer auf die Schulter und ein "Gut warst" bekommen. Diese "Bro-Kultur" ist sehr stark in der Szene. Das höre ich auch von vielen Kolleginnen, die das ebenso erlebt haben.

Wie haben Sie diesen eben genannten Neid in der Szene noch zu spüren bekommen?

Sobald man etwas bekannter wird, bekommt man plötzlich einige Dinge zu hören, etwa: "Du wurdest nur zur Show eingeladen, weil du Jugo bist" denn ich erfülle natürlich fast alle Klischees: Diversity und Frau. Oder: "Als weißer, österreichischer, heterosexueller Mann schafft man heutzutage ja nix mehr!" – wo ich mir dann denke: "Wie viele weiße, heterosexuelle Männer haben es nicht schon geschafft? Nur du eben nicht. Vielleicht liegt es auch an dir?"

Auch hört man immer wieder die Kritik, dass Künstlerinnen nun mehr Spots bei Shows aufgrund der Frauenquote bekommen würden, auch wenn sie vielleicht gar nicht so gut sind. Da frage ich mich auch: Wie viele Männer haben in der Vergangenheit schon Chancen bekommen, einfach nur, weil sie Männer sind, ohne vielleicht besonders gut zu sein? 

Auch das Thema Mutterschaft bzw. Kinderfreiheit findet man immer wieder in Ihren Videos. Warum?

Mit 31 ist man natürlich in einem Alter, wo viele im Bekanntenkreis heiraten und Kinder bekommen. Ich finde es wichtig, das Thema aufzugreifen, aber mit Humor. Genau wie wir Singles eine Bubble brauchen, sollte es auch für Frauen ohne Kinder eine Bubble geben, wo sie ein bisserl Schmäh führen können – insbesondere, weil gesellschaftlich noch immer diese Selbstverständlichkeit herrscht, dass Frauen früher oder später Kinder kriegen wollen und nur vielleicht noch nicht "den richtigen Mann dafür" gefunden haben. 

Ein Beispiel: Eine Kollegin und Freundin von mir hat sich die Eileiter durchtrennen lassen – und wurde unter anderem gefragt: "Aber was ist, wenn dein Mann einmal Kinder haben will?" Solche Reaktionen machen mich sprachlos. Da sieht man leider, wie es um den Feminismus mancherorts im Jahr 2024 noch steht. Wenn Männer sagen: "Wir haben die Gleichberechtigung eh längst überall,“ würde ich gerne entgegen: "Mach mal ein bisschen deine Ohren auf und hör zu."

Ab Jänner haben Sie einige Live-Termine in mehreren Bundesländern. Wie gestaltet sich Ihr Bühnenprogramm?

Es ist alles sehr "real", direkt aus dem Leben gegriffen. Der Inhalt dreht sich um meine Kindheit in Klagenfurt, den Umzug nach Wien, wie es ist, Jugo in Wien oder in Kärnten zu sein, um's Dating, Männer, … also alles sehr autobiographisch. Ich habe schon oft das Feedback bekommen, dass mein Programm wie ein Gespräch mit einer guten Freundin ist. 

Vorsatz für 2025: Werden Sie tatsächlich einmal eine Boulder-Halle von innen sehen?

Vielleicht.

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