Ein "Palais Lichtenstein" in Klosterneuburg
Auch einen neuen Standort will der umtriebige Direktor spätestens im Frühjahr 2024 noch eröffnen: Das ehemalige Essl Museum in Klosterneuburg, derzeit als Depot genutzt, könnte dabei zu einem „Palais Lichtenstein“ (mit kurzem i) werden: Denn als einziges europäisches Museum wurde die Albertina mit einer Schenkung der Stiftung, die das Erbe des neben Andy Warhol wohl bekanntesten Pop-Art-Künstlers verwaltet, bedacht. 34 Werke sind es zunächst, gab die Stiftung jüngst bekannt: Anlass ist der Geburtstag des 1997 verstorbenen Künstlers, der sich heuer (am 27. 10.) zum 100. Mal jährt.
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Die Person, die auf den seit 1999 amtierenden Direktor folgt, wird jedenfalls ein großes Erbe zu verwalten haben – und letztlich entscheiden müssen, ob sie den von Schröder vorgegebenen Kurs ständiger Expansion weiter fährt oder nicht.
Aufbau und Ausbau
Kein anderer österreichischer Museumschef kostete die Möglichkeiten zur Anbindung an private Vermögen und Sammlungen, die sich durch die Ausgliederung der Bundesmuseen als eigenständige Anstalten ab 1999 auftaten, so intensiv aus wie Schröder: Nicht nur der Umbau und Ausbau des Haupthauses – mit seinem markanten Flugdach, dem nach Spendern benannten Empfangshof und den auf rund 5000 m² erweiterten Ausstellungsfläche – wurde zu beträchtlichen Teilen von Mäzenen gestemmt. Die gesamte Neuausrichtung des Museums war dazu angelegt, die Repräsentationslust der Kunstelite an der Kippe zum 21. Jahrhundert einerseits abzubilden, zugleich aber auch zu nutzen.
Von manchen Seiten wurde die Praxis heftig kritisiert, da die große Struktur auch von Steuerzahlern gestützt wurde und wird. Schröder konterte mit dem hohen Grad der Eigendeckung, getragen von einem hohen Besucherstrom (rund eine Million in den Prä-Pandemiejahren 208/’19 und – an 2 Standorten – im Jahr 2022) sowie einer hohen Frequenz von Sonderausstellungen.
Das Museum des Wachstums
Kunstwerke waren gegen Ende des 20. Jahrhunderts im Format immer größer und im Preis immer teurer geworden waren. Schröder erweiterte den Fokus der Albertina auf alle Kunstgattungen, schuf die adäquaten Räume für die Präsentation großer Werke – betonte dabei aber, dass Museen auch schon davor nicht in der Lage gewesen waren, echte Top-Bilder zu erwerben. „Das ist eine Illusion, und wir sollten endlich mal wie Wilhelm von Humboldt sagen: Wir sammeln Sammler, weil wir so arm sind“, sagte er dem KURIER 2018.
Mit der Kollektion des Anwalts Herbert Batliner aus Liechtenstein (diesmal mit „ie“) ab 2007 und der Übernahme der Sammlung Essl ab 2017 kamen die größten Brocken in Schröders Sammlersammlung – flankiert von zahlreichen weiteren Kunstfreunden, die ihre Schätze oft in Form von Dauerleihgaben in der Albertina parkten.
Nach Pandemie, Finanzkrisen und Teuerungswellen ist die Frage, ob der hohe Puls der Albertina noch mit dem Puls der Zeit synchron ist, aber durchaus angebracht. Wie wird der neue Chef die Albertina positionieren und dimensionieren, wie mit all den unter Schröder angelegten Verbindungen und Verpflichtungen umgehen? Wie könnte eine „Albertina light“ aussehen, und wie würde sie das Gefüge in der Museumsstadt Wien verändern? Es ist eine Personalentscheidung, die viele Weichen stellt.
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