Rechnungshof: Essl-Sammlung in Albertina "unwirtschaftlich"

Rechnungshof: Essl-Sammlung in Albertina "unwirtschaftlich"
Die Übernahme der Sammlung würde auch als Schenkung zu viel Mehrkosten produzieren, kritisieren die Prüfer.

Die Sammlung der Wiener Albertina ist in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt durch die Bemühungen des Direktors Klaus Albrecht Schröder, massiv gewachsen: Im Zeitraum von 2013 bis 2016 verzeichnete sie Zugänge im Wert von 95,77 Millionen Euro, der Großteil (71,42 Millionen Euro) in Form von Dauerleihgaben. Die rund 6000 Werke der Sammlung Essl, die im Februar 2017 zunächst als Dauerleihgabe von dem Museum übernommen wurden, sind da noch gar nicht eingerechnet. Der Rechnungshof aber kritisiert nun diese Erweiterungspolitik scharf: Das Museum solle "nur solche Dauerleihgaben übernehmen, die zu keiner Abhängigkeit von Mitteln Dritter führen", heißt es in einem Bericht, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Dass die Familie Essl ihren Anteil - 40 Prozent der Sammlung im Schätzwert von rund 90 Millionen Euro - mittlerweile als Schenkung der Albertina überantwortet hat, ändert nichts am Befund des RH, dass der Deal für das Museum - und in Folge für den Bund - ungebührlich hohe Kosten verursache. "Die Albertina errechnete, dass die Aufbewahrung und die öffentliche Präsentation der Sammlung Essl 2,2 Millionen Euro pro Jahr kosten würde", heißt es vonseiten des RH. "Zum Vergleich: Für die Übernahme der Sammlung Batliner (2007) reichte eine Erhöhung der öffentlichen Förderung um 200.000 Euro jährlich. Mit dieser Dauerleihgabe konnten im Jahr 2016 rund 316.000 Euro an direkten Erlösen erzielt werden."

Wer zahlt?

Die Präsentation der  Werke aus der Sammlung mit dem Schwerpunkt auf österreichische Kunst nach 1945 soll im Wiener Künstlerhaus erfolgen, das derzeit mit den Mitteln des Unternehmers Hans-Peter Haselsteiner, dem auch die Mehrheit an der Essl-Sammlung gehört, saniert wird. Laut RH hatte die Albertina um eine Erhöhung ihrer Basisabgeltung um 2,2 Millionen beim Bundeskanzleramt beantragt. Ex-Kulturminister Thomas Drozda (SP), unter dessen Ägide die Dauerleihgabe eingefädelt worden war, hatte jährliche Mittel von 1,1 Millionen für 27 Jahre in Aussicht gestellt, dies aber nicht legistisch verankert. Unter Drozdas Nachfolger Gernot Blümel (VP) wurde nun eine Erhöhung um 800.000 Euro (für 2018) und 850.000 Euro (für 2019) vereinbart, danach werde es Verhandlungen geben. Daraus ergibt sich die "Abhängigkeit von Mitteln Dritter", die der RH kritisiert. 

Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder war noch für keine Stellungnahme erreichbar, er weile derzeit im Ausland, hieß es aus seinem Büro. Aus den Stellungnahmen der Albertina im Bericht geht aber hervor, dass das Museum die Essl-Sammlung seit 2014 aktiv mit dem Ziel verfolgt hatte, „einen ganz wesentlichen Teil dieser Privatsammlung als Schenkung zu erhalten.“ Die Annahme von Dauerleihgaben, die in der Vorbereitung einer solchen Schenkung auch eine vertrauensbildende Maßnahme sei, erfolge nach strengen, selbst auferlegten Kriterien. Unter diesen würde sich "bewusst primär nicht das der Wirtschaftlichkeit finden, sondern die museale Bedeutung der Objekte". Es sei "eine Strategie vorhanden, die Sammlung am zukünftigen zweiten Standort der Albertina zu präsentieren, er bietet ein großes Potenzial, Einnahmen dauerhaft sicherzustellen und das Museum weiterhin für Besucherinnen und Besucher attraktiv zu machen", hieß es ergänzend in einem Statement der Albertina-Pressestelle.

"Ausnahme als Regel"

In einer nicht speziell auf den Essl-Deal gemünzten Passage hielt der RH allerdings fest, dass bei den 16 im Prüfungszeitraum 2013 -’16 abgeschlossenen Dauerleihgabe-Verträgen „die Ausnahme die Regel“ gewesen sei: So wurden etwa für Werke von Gauguin, Matisse, Warhol kürzere Leihfristen als die üblichen sieben Jahre vereinbart, es gab spezielle Einschränkungen in Bezug auf den Verleih und die Publikation der Objekte. Zugleich verpflichten Dauerleihverträge die Albertina zur Versicherung der Objekte – anders als bei Objekten im Bundeseigentum. Allein 2017 verursachte diese Versicherungsprämie laut RH 255.000 Euro an Kosten.

Rechnungshof: Essl-Sammlung in Albertina "unwirtschaftlich"

Im Bezug auf den Essl-Deal wurden insbesondere die Mietkosten für das zusätzliche Depot bemängelt, die ab 2017 jährlich 320.000 Euro ausmachten. Die Kunstobjekte befinden sich weiterhin im ehemaligen Museums-Bau in Klosterneuburg; die Immobilie ist weiterhin Eigentum der „SE-Sammlung Essl GmbH“, die den Privatstiftungen Haselsteiners (60%) und Essls (40 %) gehört. Der RH-Vergleich, dass die 2007 übernommene Sammlung Batliner keine zusätzlichen Depotflächen benötigt habe, ist zwar formell richtig, übersieht aber, dass jene Sammlung in die ab 2003 massiv erweiterten Albertina-Räumlichkeiten einziehen konnte.

Schenken mit Verantwortung

Wie aus dem RH-Bericht hervorgeht, räumte der geschlossene 2017 Vertrag der Albertina die Möglichkeit ein, die Dauerleihgabe der Sammlung Essl wegen „außerordentlichen Umständen“ zu kündigen – dazu zählten auch „unzureichende Mittel der Albertina für die Aufbewahrung und die öffentliche Präsentation“. Durch die Schenkung des 40%-Anteils der Familie Essl haben sich die Fakten verändert. Die Debatte darüber, wann eine Übernahme privater Kunstsammlung durch die öffentliche Hand eine Bereicherung und eine sinnvolle Investition ist und ab wann sie zur Last wird, ist jedenfalls noch lange nicht zu Ende.

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