"Im Menschen muss alles herrlich sein": Verlust, Trauma und Zerfall der Sowjetunion

Drei Frauen in grauen Trainingsanzügen und roten Halstüchern liegen auf dem Boden.
Bühnenfassung von Sasha Marianna Salzmanns Roman "Im Menschen muss alles herrlich sein" im Theater am Werk.

Als Sasha Marianna Salzmanns Roman „Im Menschen muss alles herrlich sein“ 2021 erschien, fielen Passagen, in denen jemand behauptet, Ukrainisch sei ein Relikt, kein Mensch brauche diese Sprache, vielen wahrscheinlich nicht besonders auf. Anders, wenn man das in einer Aufführung am Vorabend zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine hört, wie im Theater am Werk. Dort ist noch bis 1. März eine von Mirja Biel und Hannah Lioba Engenolf dramatisierte Fassung von Salzmanns fulminantem Roman über Frauen aus der Sowjetunion zu sehen. Dessen Handlung und Sogwirkung erschließt die Aufführung nicht sofort.

Auf leerer Bühne agieren vier Darstellerinnen (Isabella Händler, Jaschka Lämmert, Victoria Nikoladevjskaja und Nicola Schößler), begleitet von einer Musikerin (Lisa Kortschak), manche in mehreren Rollen. Im Zentrum der Geschichte steht Lena. Sie wurde in den 1970er-Jahren in der Sowjetunion auf heute ukrainischem Boden geboren. Sie wird Ärztin, der Vater ihres Kindes, ein Tschetschene verlässt sie, Lena heiratet einen jüdischen Mann. Als Gorbatschow die Perestroika bringt, zieht sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Auch Tatjana, ihre Freundin, zieht nach Berlin, als sie von einem gewissen Michael ein Kind erwartet. Der aber verlässt sie vor der Geburt der Tochter. In Jena treffen sich Lena und Tatjana wieder, formieren eine Art Familie, bis die Töchter erwachsen werden.

Sasha Marianna Salzmann lässt im Roman mit poetischer Erzählweise spüren, wie sich Macht und Zerfall der Sowjetunion, sowie Migration auf die Beziehungen zwischen den Müttern und ihrer Töchter auswirken. Diese Emotionen werden auf der Bühne nach und nach spürbar, wenn die Schauspielerinnen etwas längere Textpassagen sprechen. Viel Applaus für alle Beteiligten.

Kritik von Susanne Zobl.

INFOS: Karten und Termine unter www.theater-am-werk.at

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