Hartmann-Prozess: Auf einen langen Tag folgt noch ein langer Tag
Der zweite Verhandlungstag dieser Woche im Hartmann-Prozess hat etwas mit dem ersten gemeinsam (abgesehen vom, no na, Verhandlungsgegenstand): Er dauert lange. Sehr lange sogar.
13 Stunden war am Mittwoch verhandelt, gestritten, bühnenreif argumentiert worden (in den Hauptrollen: Ex-Burgdirektor Matthias Hartmann und Ex-Holdingchef Georg Springer). Es ging um Hartmanns Steuerschulden, nicht behobene Honorare, um die Frage, wer Hartmann überhaupt entlassen dürfe. Am heftigsten wurde darüber gestritten, ob nicht farblich gekennzeichnete Textstellen nun "zum Akt" gehören oder nicht.
Vier Stunden
Am Donnerstag wurde im gleichen Ton fortgesetzt. Einerseits dauerte die Befragung von Kulturminister Josef Ostermayer geschlagene vier Stunden. Andererseits prallten Hartmann-Anwalt Georg Schima und Richterin Kristina Heissenberger wiederholt in Fragen der Prozessführung aufeinander.
Aus dramaturgischer Sicht – ein Prozess ist ja auch eine Art Theaterstück – sind sie ideale Gegenspieler. Beide extrem eloquent, beide in der Lage, ganz wunderbar in Saft zu gehen. Schima wirkt dabei oft arrogant, Heissenberger gibt sich kühl-elegant, im entscheidenden Moment auch autoritär, sie hat im Saal eindeutig die Sympathien auf ihrer Seite, zumal Schima dazu neigt, immer einen Satz zu viel zu sagen. (Sein Mandant Hartmann blickt dann verunsichert in den Saal, zu seiner Ehefrau, der Regisseurin Alexandra Liedtke.)
Dramaturgisch ideal ist auch, dass der Zeuge Ostermayer selbst Jurist ist. Sichtlich genervt geht auch er immer wieder in den verbalen Infight mit Schima.
Inhaltlich war die Verhandlung mäßig spannend. Ostermayer wiederholte, er habe Hartmann entlassen müssen, da dieser seinen Pflichten mangelhaft nachgekommen sei und berief sich auf ein Gutachten des Juristen Thomas Angermair (der dann selbst als Zeuge gehört wurde). Viel Neues gab es dabei nicht – es ging in ermüdender Langsamkeit um Fragen, wer wann wen getroffen und wer was zu wem gesagt habe oder auch nicht oder auch vielleicht.
Fast nur Theaterkritiker da", bemerkt ein Journalist. Kein Wunder, schließlich steht im Mittelpunkt des Prozesses ja ein Ex-Burgtheaterdirektor. Und eines muss man sagen: Hätte Matthias Hartmann bei der Tagsatzung Regie geführt, die Stunden wären anders verlaufen.
Nicht so entsetzlich fad.
Je länger die Verhandlung sich im ewigen Hin und Her der Anwälte verlor, umso mehr füllte sich der Saal M im Arbeits- und Sozialgericht Wien mit den Klängen der Fadesse: Seufzen, Gähnen, Räuspern, dem erschöpften Ächzen der Sessel.
Nun dient ein Prozess ja der Wahrheitsfindung und nicht der Unterhaltung. Aber ein Prozess ist immer auch eine Inszenierung. Er hat ein Bühnenbild (Bundesadler, Kruzifix, Kerzen, schweres Holz), ein Publikum – und er hat Darsteller.
Schima: "Unfassbar!"
Richterin: "Herr Dr. Schima, ich ersuche Sie, sich zurückzuhalten ..."
Schima: "Und ich ersuche Sie, der Prozessleitung genauer nachzukommen!"
Richterin: "Ich möchte ausreden! Ich kann einer klagenden Partei nicht verbieten, Urkunden vorzulegen!"
Das war schon der Höhepunkt der Verhandlung. Wobei: Einmal rief Hartmann laut "Schwachsinn!" Und den schönsten Satz sagte die Richterin: "Wir wollen uns jetzt alle wieder beruhigen."
Hauptthema am Vormittag war, kein Witz, die Frage, ob tatsächlich nur mit Farbstift markierte Stellen in Dokumenten als Beweis gelten. Die Richterin, verzweifelt bemüht, die anschwellende Flut an Akten, Zeugenladungen und Argumenten einzudämmen, bestand auf dieser Auffassung. Anwalt Schima formulierte daraufhin sanft, aber deutlich, die Drohung, alles zu markieren.
Gut? Böse? Wurscht?
Bis in den Abend wurden Matthias Hartmann und Ex-Holdingchef Georg Springer befragt. Hartmann erklärte, man habe ihm ein schuldenfreies Burgtheater zugesagt, er habe früh auf finanzielle Probleme hingewiesen, Springer habe abgewiegelt.
Weiters ging es um Hartmanns Vorbereitungshonorare über 273.000 Euro. Davon hat Hartmann nur 110.000 entnommen, den Rest bei der damaligen Burg-Finanzchefin Silvia Stantejsky „geparkt“ – und nicht versteuert. Diese „Nachlässigkeiten“ (wie Hartmann es nennt) waren ein wesentlicher Grund für seine Entlassung.
Springer versicherte, er habe von Bargeldverwahrungen Stantejskys für Hartmann bis zum 7. März 2014 nichts gewusst. An diesem Tag wurde laut Springer auch ein Beleg über eine Auszahlung von 233.000 Euro an Hartmann aus dem Jahr 2009 bekannt. Hartmann besteht mit Nachdruck darauf, dieser Beleg sei „falsch“. Auch Springer sprach von einer „Mogelpackung“.
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