Gustav Klimts "Dame mit Fächer": Immunisiert gegen Beschlagnahme
Früher war mehr Lametta: In seinen späten Werken, entstanden während des Ersten Weltkriegs, verzichtete Gustav Klimt auf Blattgold – so auch bei der „Dame mit Fächer“. Ein Schlaganfall, den der Malerfürst am 11. Jänner 1918 erlitt, verhinderte die Fertigstellung.
Nach dem Tod von Klimt am 6. Februar fotografierte Moriz Nähr dessen Atelier in Hietzing. Ob er die Situation gestellt hat, weiß man nicht. Auf dem Foto stehen jedenfalls zwei Gemälde auf je einer Staffelei: „Dame mit Fächer" und „Die Braut“.
„Die Braut“ befindet sich bereits seit einem halben Jahrhundert – trotz Besitzerwechsels – als Leihgabe im Belvedere. Im blauen Klimt-Saal zeigt man nun auch, für elf Monate (bis 13. Februar), das andere Bild. Der Standard bezeichnete dies als „ein kleines Wunder, das dem Verhandlungsgeschick der Belvedere-Direktorin Stella Rollig und dem Segen der Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer geschuldet“ sei. Das Blatt bedankte sich mit diesem Satz dafür, exklusiv informiert worden zu sein.
Ob „Wunder“ das passende Wort ist? Die Präsentation des quadratischen Gemäldes zusammen mit der „Braut“ und vier weiteren, unvollendet gebliebenen Klimt-Werken aus dem Bestand der Österreichischen Galerie (u. a. „Dame in Weiß“ und „Amalie Zuckerkandl“) sorgt aber zumindest für Verwunderung. Diese hängt mit der Provenienzgeschichte zusammen.
1920 war das Gemälde als Leihgabe des Industriellen Erwin Böhler im heutigen MAK zu sehen. In der Folge kam es zu Böhlers Bruder Heinrich in die Schweiz. Es gab zwar das 1919 erlassene Ausfuhrverbotsgesetz, ausgenommen waren aber Werke jener Künstler, die „noch nicht 20 Jahre tot sind“.
Nach dem Tod von Heinrich Böhler 1940 erbte dessen Ehefrau Mabel die „Dame mit Fächer“. Sie verkaufte das Gemälde an den Wiener Augenarzt Rudolf Leopold. Wann dies passiert ist, scheint im Belvedere unbekannt zu sein. Man begnügt sich mit der Angabe „vor 1967“. Man hätte aber nur beim hauseigenen Kurator Franz Smola nachfragen müssen, der zuvor Sammlungsleiter im Leopold Museum gewesen war. Im Klimt-Bestandskatalog 2013 führt er aus, dass Leopold die „Dame mit Fächer“ 1954 von der in Lugano lebenden Mabel Böhler erworben habe.
Leopolds Problem war, dass er immer viel zu viel einkaufte – und hoch verschuldet war. So gelangte das Porträt in den 80ern in die Sammlung des Industriellen Wendell Cherry. 1992, nach dessen Tod, wurde es von einem Händler in Chicago der Österreichischen Galerie zum Kauf angeboten.
Täter unbekannt?
Das Bundesdenkmalamt brachte daher Anzeige „gegen Unbekannt wegen Verstoß gegen das Ausfuhrverbotsgesetz“ ein. Das Verfahren wurde aber 1993 eingestellt, da der Täter nicht ausforschbar sei. Dies war ganz im Sinne der Politik. Denn der damalige Wissenschaftsminister Erhard Busek (ÖVP) dealte mit Leopold den Ankauf der Sammlung aus. Die Gründung der Leopold Museum Privatstiftung fand am 10. August 1994 statt. Drei Monate zuvor war in New York das Porträt versteigert worden. Der jetzige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) stellte berechtigt lästige Fragen.
Seine Kollegin Andrea Mayer hingegen lässt sich jetzt loben. Weil sie einem Kunstwerk für das Jahr in Österreich Immunität zusicherte, das illegal außer Landes gebracht worden war.
Und wenn man wissen will, wer das Bild außer Landes brachte, muss man nur Franz Smola lesen.
Kommentare