Gespielte Psychoanalyse

Aus Patientin wird Geliebte, aus Geliebter wird Kollegin: Michael Dangl (als C. G. Jung) und Martina Ebm (als Sabina Spielrein)
"Eine dunkle Begierde" in der Josefstadt: Hampton inszenierte ehrfürchtig Hampton.

Der Gefoulte soll nicht selber den Elfmeter schießen. Der Autor soll nicht selbst Regie führen.

Ungeschriebene Gesetze im Showgeschäft. Der Grund ist in beiden Fällen gleich: Der Betroffene bringt möglicherweise zu wenig emotionale Distanz zum Geschehen zusammen, was der Ausführung schaden kann.

Anders gesagt: Er nimmt die Sache zu persönlich.

Wie das ausschaut, kann man im Theater in der Josefstadt besichtigen, bei der Aufführung des Stücks "Dunkle Begierde", welches am Donnerstag höflich beklatschte Premiere hatte. Der Regisseur Christopher Hampton war merkbar schwer beeindruckt von den Sätzen des Stückautors Christopher Hampton – kein Wunder, der Mann ist Oscar-Preisträger, und wer wüsste das besser als der Regisseur Christopher Hampton?

Laaa.ngs.aaam

Die logische Folge: Hampton inszeniert Hampton mit Sorgfalt und Ehrfurcht – und so laaa.ngs.aaam, dass einem beim Zuschauen schwindlig wird vor Langsamkeit. Inszenierte Hampton noch langsamer – die Handlung würde rückwärts laufen.

Das ist übrigens dennoch kein schlechter Abend, er ist nur (fast drei Stunden) ein wenig zu lang und zu brav. Ein anderer Regisseur mit Mut zum Kürzen und Inszenieren hätte ihn vermutlich spannender machen können.

Die Geschichte – im Zentrum steht der Vater-Sohn-Konflikt der Psychoanalyse-Pioniere Sigmund Freud und C. G. Jung – ist hoch interessant. Und die Geschichte der beiden Frauen in Jungs Leben – Ehefrau Emma und Patientin/Geliebte/Kollegin Sabina Spielrein – die auf unterschiedliche Weise um Selbstbehauptung und Anerkennung als Wissenschaftlerinnen kämpfen – ist fast noch interessanter.

Herbert Föttinger als Freud, Martina Ebm als Spielrein und Florian Teichtmeister als Verführer Otto Gross spielen grandios. Alma Hasun als Emma kommt erst gegen Ende auf Touren, Michael Dangl als Jung wirkt fast zu gezähmt. Warum vor ihm nicht nur Sabina Spielrein, sondern auch Freud umfällt, bleibt unklar.

KURIER-Wertung:

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