Gespielte Geschichtsstunde: "Leopoldstadt" in der Josefstadt

Eine gespielte Geschichtsstunde - besser gesagt: drei - und ein wenig Schnitzler-Atmosphäre: Das ist die deutschsprachige Erstaufführung des Stücks "Leopoldstadt" des englischen Dramatikers Tom Stoppard im Theater in der Josefstadt. Ein überaus ehrenwertes Unternehmen. Die langatmige Inszenierung ergibt - trotz einiger sehr packender und berührender Momente - nicht wirklich ein gutes Theaterstück.
Gezeigt wird die Geschichte einer jüdischen Wiener Großfamilie von 1899 bis 1955. Sie versucht, wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftliche Akzeptanz zu erringen, bleibt aber dennoch immer in der Außénseiterrolle. Am Ende steht die Entmenschlichung und Vernichtung durch die Nazi-Verbrecher.
Tom Stoppard hat in die Geschichte ein Ehe-Drama im Schnitzler-Stil eingearbeitet: Die Frau des Familienpatriarchen betrügt diesen mit einem antisemitischen Offizier, obwohl sie ihren Mann liebt. Diese Geschichte rettet später dem Sohn des Paares das Leben, der Offizier erklärt sich bereit, den jungen Mann als seinen Sohn auszugeben und ihn damit zum "Arier" zu machen.
In erster Linie wird aber sehr viel geredet und österreichische Zeitgeschichte nacherzählt: Erster Weltkrieg, Wirtschhaftskrise, Bürgerkrieg, Nationalsozialismus, Staatsvertrag. Für das Publikum der Uraufführung in England sicher interessant, in Österreich hat man das schon sehr oft gehört und kennt die Fakten.
Ganz am Ende steht das Wort "Auschwitz". Viel Applaus für eine starke Ensembleleistung.
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