Faszination Monarchie: Warum sich so viele für Königshäuser interessieren
Es könnt uns doch eigentlich ziemlich egal sein, dass ein junger Mann aus England beschlossen hat, sich gemeinsam mit seiner Frau zeitweise aus dem Verband der Familie zurückzuziehen und fortan in Kanada leben zu wollen. Aber es interessiert uns doch. Obwohl derlei Berichte weltpolitisch keinerlei Relevanz besitzen, füllen sie seriöse Zeitungen und Illustrierte, das Fernsehprogramm und die sozialen Medien.
Nur 17 Prozent der Österreicher sind für die Wiedereinführung der Monarchie, aber wenn irgendwo in der Welt eine Prinzessin heiratet, ein Kind kriegt, fremdgeht oder sich gar scheiden lässt, will jeder dabei sein.
Märchen für Erwachsene
Historiker und Psychologen erklären die Faszination Monarchie damit, dass Erwachsene – ähnlich wie Kinder – Märchen brauchen, vor allem solche, die gut ausgehen. Selbst eingefleischte Republikaner wollen schöne, glückliche Menschen sehen und dabei die Nachrichten von Krieg, Terror und Klimakrise vergessen. Was die Nostalgie im Zusammenhang mit dem österreichischen Kaiserhaus betrifft, neigt man hierzulande der irrigen Ansicht zu, dass früher alles besser gewesen sei.
Weltweit gibt es heute noch rund 50 Monarchien: von mächtigen Kaiser- und Königreichen wie Japan und Großbritannien über obskure Operettenstaaten bis hin zu reichen Fürstentümern wie Liechtenstein und Monaco. Interessanterweise erlangen gerade die Oberhäupter solcher Zwergstaaten eine mediale Bedeutung, die in diametralem Gegensatz zur Größe ihrer Länder steht. So hievte die Weltpresse Fürst Albert von Monaco 2011 in die Schlagzeilen, als dieser seine Hochzeit mit der Schwimmerin Charlene Wittstock feierte. Dabei hat sein Fürstentum etwa so viele Einwohner wie die oberösterreichische Stadt Steyr, deren Bürgermeister im Falle einer etwaigen Heirat fraglos weit weniger Aufsehen erregen würde.
Touristenattraktion
Nachgewiesenermaßen ist so ein gekröntes Haupt eine Touristenattraktion ersten Ranges: Als König Carl XVI. Gustaf im Frühjahr 2007 im schwedischen Finanzministerium um Erhöhung seiner Apanage ansuchte, ließ man seinen Wert berechnen und kam auf eine halbe Milliarde Euro – mit der Begründung, er sei dem Image des Landes „weltweit in hervorragender Weise dienlich“. Wobei sich der Wert der Majestät nach Erscheinen einer Skandalbiografie, der zufolge er im Rotlichtmilieu verkehrt haben soll, um etliche Millionen verringert haben dürfte. Das hat aber seine Tochter und Kronprinzessin Victoria durch die Hochzeit mit ihrem Fitnesstrainer Daniel Westling 2010 wieder gut gemacht.
Schöne Königskinder
Zweifellos haben die Prinzessinnen- und Prinzenhochzeiten mit Bürgerlichen den Monarchien zu nie erwarteter Popularität verholfen. Menschen wie du und ich heiraten schöne Königskinder, so kann jedes Mädchen davon träumen wie Maxima, Letizia, Mete Marit, Kate und Meghan fortan in einem Schloss leben zu können, von aller Welt bewundert und begehrt zu sein. Der britische Historiker Thomas Biskup erklärt die Faszination der Royals auch mit der Mischung aus Nähe und Distanz zu den Bürgern.
Fast immer stabil ist das Ansehen der Queen. Auch wenn ihre Repräsentationsspesen weitaus höher sind als die eines republikanischen Staatsoberhauptes, sind 76 Prozent der Briten für die Beibehaltung der Monarchie, denn Elizabeth spielt wesentlich mehr ein als sie kostet. Viel mehr als Werbung für ihr Land zu machen, darf sie – wie fast alle Monarchen in der heutigen Zeit – sowieso nicht.
Mit der Geliebten auf Safari
Eine politisch bedeutsame Rolle spielte nur Spaniens Ex-König Juan Carlos, der 1975 die Nachfolge des Diktators Franco antrat, sein Land in die Demokratie führte und 1981 einen Militärputsch verhinderte. Der König hatte auch hohe Beliebtheitswerte, musste aber mit ansehen wie diese über Nacht in den Keller rasselten, als nämlich bekannt wurde, dass er am Höhepunkt einer Rezession im Rahmen einer Luxussafari mit seiner Geliebten auf Elefantenjagd ging. Der König rettete die angeschlagene Monarchie, indem er 2014 zurücktrat und seinem Sohn Felipe die Insignien der Macht übertrug. Der erfreut sich letztlich auch dank der Ehe mit seiner bürgerlichen Frau Letizia großer Beliebtheit.
Felipes Hochzeit mit Letizia im Jahr 2004 war mehrere Stunden lang live vom ORF übertragen und von Adelsexpertin Lisbeth Bischoff moderiert worden, wobei Einschaltziffern erreicht wurden, von denen „bürgerliche“ Formate nur träumen können. Übertrumpft werden diese nur von Festivitäten im britischen Königshaus. Die Hochzeit von Prinz William und Kate wurde bei der TV-Live-Übertragung 2011 weltweit von zwei Milliarden Menschen gesehen, ähnlich war es sieben Jahre später bei Harry und Meghan.
Rekordquoten im Fernsehen
Damit schlugen die Prinzen sogar die Zuseherzahlen bei der Hochzeit ihrer Eltern Charles und Diana, die 1981 von 750 Millionen Menschen verfolgt wurde. Noch mehr waren’s nur, als man Diana am 6. September 1997 zu Grabe trug: Bei diesem „meist gesehenen Medienereignis aller Zeiten“ saßen 2,5 Milliarden Menschen vor den Bildschirmen.
Um zu erkennen, dass es die heile Welt der Royals gar nicht gibt. Die Faszination freilich, die bleibt.
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