Final Countdown für Slayer

Die kalifornischen Metal-Legenden gehen noch einmal auf Tour. Dann ist Schluss.

Ist der Rücken kaputt, liegt es mit dem Metal eher im Argen. Tom Araya, der kreischende Furor hinterm Mikrofon von Slayer, kann seit Jahren nicht mehr headbangen. Er fühlt sich beim Konzertspielen dadurch seltsam distanziert, sagte der 56-Jährige Bassist und Sänger einmal über diesen Umstand. Und manche Fragen klären sich erst nach Jahrzehnten. Wie lange kann man Headbangen aushalten, ohne Schaden zu nehmen?

Slayer, die wichtigste Metalband der Welt, hauen jetzt den Hut drauf. Eine Abschiedstournee führt Araya, Kerry King mit dem neuen zweiten Gitarristen David Holt und dem neuen Drummer Paul Bostaph auch nach Wien in den Gasometer, wo sie am November noch einmal Einkehr halten. Am Ende der Tour soll auch für Slayer Schluss sein. Höchste Zeit, möchte man sagen.

Die Band hat alles überlebt: Ein Spinnenbiss zerstörte Zweitgitarristen Jeff Hannemanns Arm. Der Suff seine Leber. 2013 starb er. Auch so eine Frage, die die Jahrzehnte beantworteten: Hält man das alles aus? Mit ihm starb der wichtigste Songwriter der Band.

Ur-Slayer-Drummer Dave Lombardo lebt noch, aber er stieg aus.

Was wird das Vermächtnis der Band sein? Sie begründeten das Proll-Genre "Thrash-Metal" mit und machten mit satanistischen Provokationen von sich reden. "Als wir die Band gegründet haben, haben wir von Teufeln und Dämonen gesprochen und heute schreiben wir immer noch über Teufel und Dämonen, aber auf einer gesellschaftlichen Ebene. Und so sind wir als Band gereift", sagte Araya in einem Interview mit Vice. Er selbst ist gläubiger Katholik und hat wohl nicht als einziger Metalfan verstanden, dass die Heilige Schrift sowohl positiver als auch negativer Bezugspunkt für große Theatralik sein kann. Provozieren kann man heute aber nicht mehr damit.

Angel of Death

Was war da noch? Das legendäre Album "Reign in Blood", mit dem sich Slayer unter Anleitung des Produzenten Rick Rubin 1986 nachhaltig auf die Landkarte setzten. Allen voran mit dem Song, der so kontrovers ist, dass man nur in Amerika damit durchkommen konnte: "Angel of Death" ist ein Horror-Stück über den Auschwitz-Lagerarzt Josef Mengele, das in Ton und Perspektive heute noch unerhört ist. Ein absoluter Grenzgang, der sich je nach Standpunkt ausging oder eben nicht. Slayer wählten den antiintellektuellen Weg, mit dem Schrecken des Holocaust abzurechnen, ebenso wie sie Jahrzehnte später den islamistischen Terror aus der Innenperspektive beschrieben: "Jihad" war ein nicht weniger provokanter Song, der aber weit weniger Wellen schlug.

Im Gegensatz zu Zeitgenossen wie Metallica hatten Slayer finanziell nie den großen Jackpot geknackt. Während Iron Maiden im bandeigenen Jumbo touren, flogen Araya und Co. Linie.

Umso größer bleibt ihr Vermächtnis in der Rockgeschichte. Die Virtuosität, mit der die Band ihre Songs durch Studio, Konzert und die Hörerschaft prügelten, sucht auch nach Jahrzehnten ihresgleichen. "Slayer makes its exit with one, final world tour", heißt es auf der Website. Ein Final Countdown, neu interpretiert.

Kommentare