Doku-Regisseur Hubert Sauper: „Erkennen, was ein Bluff ist“
Als der Dokumentarfilmemacher Hubert Sauper am Ende der diesjährigen Viennale den Wiener Filmpreis überreicht bekam, war dies bereits die zweite große Auszeichnung für seine Kuba-Doku „Epicentro“ (Filmstart voraussichtlich Mitte Jänner).
Schon auf dem renommierten US-Filmfestival in Sundance konnte der österreichische Regisseur heuer den Großen Preis der Jury an sich nehmen.
Doch in gewisserweise ist Hubert Sauper den internationalen Preisregen gewöhnt: Für seinen globalisierungskritischen Fischfilm „Darwin’s Nightmare“ (2004) war er geradezu euphorisch gefeiert und schließlich für einen Oscar nominiert worden.
Vier Jahre lang hatte der 1966 in Kitzbühel geborene, in Heiligenblut aufgewachsene Filmemacher obsessiv an seiner Doku über eine Kleinstadt in Tansania gearbeitet, in deren Zentrum ein fetter Fisch steht: Während die Fisch-Filets nach Europa auf die Gourmet-Teller wanderten, ernährte sich die verarmte Bevölkerung von madigen Fischköpfen.
Die Verarbeitung des sogenannten Viktoria-Barsches geriet in „Darwins Alptraum“ zur Metapher eines tödlichen Kreislaufes in einer globalisierten Welt.
Auch Saupers Nachfolgeprojekt erwies sich in seiner Entstehungsgeschichte als extrem aufwendig. Und auch er erhielt mehrfache Auszeichnungen: In „We Come As Friends“ (2014) landete Sauper in einem Flugzeug im Herzen des Sudan, einem „Ground Zero“ für neokolonialistische Interessenskämpfe. Der selbst gebastelte Flieger, in dem der Regisseur weite Strecken zurücklegte, sah so zerbrechlich aus, dass ihn so mancher Sudanese für einen surrealen Witz hielt.
Im Gegensatz zu diesen Abenteuerlichkeiten fühlt sich sein neuer Film „Epicentro“ vergleichsweise „unaufregend“ an: „Ich konnte nicht schon wieder einen Film in Afrika drehen. Auf die Dauer ist das mental einfach nicht erträglich“, sagt Hubert Sauper im KURIER-Gespräch: „Nach ,We Come As Friends‘ habe ich mich entschlossen, einen Film zu drehen, der an einem Ort stattfindet.“
Havanna
Der „eine Ort“ ist Havanna, wo Sauper drei Jahre seines Lebens verbrachte und Freundschaften schloss – vor allem mit zwei aufgeweckten kleinen Mädchen, die als Protagonistinnen lebhafte Einblicke in den Alltag bieten. Zugleich porträtiert Sauper eine unglaublich fotogene Stadt und ihre Bewohner zwischen revolutionärer Schönheit und postkolonialem Verfall.
Als er das erste Mal nach Havanna gekommen war, habe er sofort gedacht: „Wahnsinn, das schaut irre super aus“, gibt Sauper unumwunden zu: „All das, was wir so schön finden – die alten Cadillacs, die kolonialen Häuser, die Palmen und das Meer kennen wir aus dem Kino. Schon als Kinder haben wir Marilyn Monroe und Humphrey Bogart in einem dieser Autos sitzen sehen.“
Auch eine Truppe deutscher Touristen rattert im Tourbus durch den historischen Stadtkern und fotografiert, was ihnen vor die Linse kommt. Ein deutscher Gast plustert sich ganz besonders mit seinen Tango-Kenntnissen auf und schiebt seinen Bauch bedeutungsschwer vor seinem kubanischen Publikum hin und her.
Doch die Kinder lachen ihn heimlich aus: „Ja, das ist das Großartige daran“, sagt Hubert Sauper begeistert: „Die Kubaner haben sich durch die Revolution emanzipiert, und die Kinder lassen sich nicht so leicht von reichen Ausländern beeindrucken. Die erkennen, was ein Bluff ist.“
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