"Gibt es ein Recht auf Dummheit?": Was Künstler über die Impf-Debatte sagen

KONZERT: REINHARD FENDRICH
Fendrich, Niavarani, Hader, Naschenweng: Österreichische Musiker und Kabarettisten finden deutliche Worte zur aktuellen Corona-Situation und zur Impfpflicht. Rechtsstreit um #allesaufdentisch-Videos.

Rainhard Fendrich hat man in der Öffentlichkeit selten so empört gesehen, wie vergangenen Samstag. Knapp vor Beginn des aktuellen Lockdowns spielte er ein Konzert in Dornbirn (Vbg.) und fand vor seinen Fans deutliche Worte.

Zunächst geißelte Fendrich noch die ursprüngliche Idee des Lockdowns für Ungeimpfte: "Zwei Millionen Österreicher vor dem Fernseher sagten: 'Wie soll denn das gehen?'" Kurze Zeit später habe es geheißen, das sei "nicht überwachbar". Nachsatz: "Ich weiß nicht, was die bei den Sitzungen zu sich nehmen.“

Dann widmet er sich „endlich“ einem „Unwort“. „Wenn man dieses Wort vor einer Woche ausgesprochen hätte, wäre man ein Faschist gewesen. Es ist die Impfpflicht“, sagte Fendrich. "Um Gottes willen. Da wird die Freiheit… und Rechte… Aber von Pflichten redet eigentlich kein Mensch. Und ich freue mich dass das jetzt endlich einmal passiert. Nämlich das, was die Experten immer schon gesagt haben." Diese hätten im Sommer "dieses Szenario wirklich minutiös vorausgesagt und zwar auf das Monat genau."

"In einer Demokratie kann ja ein jeder sagen was er will, jeder hat das Recht", sagte Fendrich unter großem Applaus. Aber: "Ich muss die Frage stellen: Gibt es in einer Demokratie auch das Recht auf Dummheit? Es ist nicht zu beschreiben. Die Situation ist bis jetzt so gewesen: Dass eine Mehrheit der Geimpften eingeschränkt wurde, dass sie eine Minderheit von Ungeimpften schützen muss, die gar nicht geschützt werden wollen. Das ist total kafkaesk. Das ist für mich nicht mehr nachzuvollziehen.“

Nun hoffe er aber, „dass es mit dieser ... Impfpflicht (leise) ... soweit kommt, dass wir in kürzester Zeit die Gesellschaft nicht mehr gespalten haben“, sagte die Austropop-Legende.

Niavarani pro Lockdown und Impfpflicht

Auch Kabarettist Michael Niavarani äußerte sich am Tag der großen Wiener Corona-Demonstration in ähnlicher Form. Auf Facebook schrieb er: „Ist ihnen eigentlich klar, dass sie dagegen demonstrieren, dass man ihnen gegebenenfalls das Leben rettet? Ich muss jetzt zu Hause sitzen und sie demonstrieren dagegen, dass ich ihnen den Arsch rette. Es san schon ziemliche Pfosten!“ Trotzdem wünscht er „auch Euch, alles Gute!“

Bereits vor der Verkündung der aktuellen Verschärfungen hatte Niavarani am Mittwoch geschrieben: „Ich … plädiere aus Solidarität mit den Menschen, die in den nächsten Tagen noch auf eine Intensivstation kommen werden, egal, ob wegen Corona oder etwas anderem, für einen kompletten Lockdown und eine Impfpflicht!“

Hader kritisiert "große Sorglosigkeit"

Ein weiterer großer Name im heimischen Kabarett, Josef Hader, meldete sich am Wochenende über die deutsche Bild-Zeitung zu Wort. In Deutschland kann er derzeit noch mit seinem neuen Programm „Hader on Ice“ auftreten, während in Österreich die Bühnen zugesperrt sind.

Über den harten Lockdown sagt er dennoch: „Na, es ist die einzige Möglichkeit, weil die Schönwetter-Politik im Sommer nicht fähig war, uns unangenehme Informationen zu geben. Man hätte intelligentere Regeln machen können, dann wären wir jetzt nicht da, wo wir sind.“ Im Sommer sei in Österreich „die große Sorglosigkeit ausgebrochen. Es wurde so getan, als gäb´s Corona nicht mehr. In Salzburg ging ich vor zwei Wochen in ein Lokal, niemand wollte meinen Impfausweis sehen, Maske trug auch keiner.“

INTERVIEW: JOSEF HADER

Josef Hader

Hader geißelte im Bild-Interview sowohl die Bundesländer („Die Landespolitiker schimpfen gerne auf Wien, das ist leider das einzige, was sie können.“), als auch die aktuelle Regierungspolitik. Über den Kanzlerwechsel zeigt er sich aber „total froh, weil dieser Rücktritt von Sebastian Kurz uns erst wieder in die Nähe westlicher Demokratien gerückt hat. Ohne diesen Rücktritt hätten wir das Gefühl gehabt, wir nähern uns den Verhältnissen in Ungarn an. Die Justiz, die Zivilgesellschaft, die Medien, haben bei uns gezeigt, dass sie stark genug sind. Dass bestimmte Dinge nicht durchgehen. Das ist mir das wichtigste. Ein Nachfolger, egal wie er heißt, wird sich hüten, solche Dinge noch mal zu bringen.“

Fürs Impfen wolle er sich nicht breitenwirksam stark machen. Hader: "Ich bin jetzt nicht auf Plakaten zu sehen, wo ich zum Impfen auffordere, weil ich denke, dass die Leute, die auf mich hören, eh schon alle geimpft sind. Das wäre für mich so ein unnötiges Wichtigmachen. Wenn ganz populäre Leute wie Andreas Gabalier z.B. das machen würden, so was würde ich sinnvoll finden."

Naschenweng wollte sich von Bühne zurückziehen

Etwas unentschlossen wirkt die Schlagersängerin Melissa Naschenweng. Am meisten zu emotionalisieren schien sie aber die 2-G-Regel, die Ungeimpfte temporär für verschiedene Freizeitaktivitäten sperren sollte. Auf Facebook schrieb Naschenweng am Sonntag: „Ich wollte immer Musik machen … aus ganzem Herzen und für ALLE Menschen, weil Musik die Menschen verbindet. Wer mich kennt, der weiß, wie sehr ich mit meiner Heimat verbunden bin, und nun bin ich in einem Land zuhause, wo es nicht mehr möglich ist, für ALLE Menschen zu spielen. Nicht nur dieser Umstand macht mich unendlich traurig, sondern vor allem, wie man Mitmenschen behandelt.“

Naschenweng weiter: „Wir alle haben die gleichen Maßnahmen mitgetragen, die gleichen Entbehrungen, Ängste und Sorgen, das sollte uns doch verbinden und nicht derart spalten.“

Sie schreibt, dass sie diese Woche eigentlich bekannt geben wollte, „dass ich auf unbestimmte Zeit keine Konzerte spielen werde, nun kam mir die Verkündigung eines erneuten Lockdowns zuvor. Konzerte wären zwar in naher Zukunft bestimmt wieder möglich, aber mein Herz ist momentan nicht im Stande, sich nur für eine Seite zu entscheiden.“ Sie wolle sich ins Studio zurückziehen und dort Musik „für ALLE“ produzieren. Abschließend schreibt sie: „Ich hoffe sehr, dass wir uns einander wieder begegnen können, mit Unbeschwertheit und ohne Last und gegenseitige Schuldzuweisungen, mit versöhnten Herzen, WIR ALLE.“

Nina Proll, die zuletzt als eine der härtesten heimischen Maßnahmenkritikerin galt, hat sich bisher nicht in größerem Stil zum Thema Impfpflicht zu Wort gemeldet. Auf Facebook hat die Schauspielerin und Sängerin schon mehr als ein Monat nichts mehr gepostet. Auf Instagram schrieb sie die Schuld dafür Facebook zu. Ihr sei eine Autorisierung verweigert worden. Im selben Posting veröffentlichte sie aber auch einen Screenshot, in dem sie offenbar von Facebook darüber informiert wurde, dass sie selbst die „Seitenautorisierung“ vornehmen müsse, damit sie wieder als ihre Seite agieren könne.

Es gilt also weiter abzuwarten.

#allesaufdentisch im Clinch mit Youtube

Zuletzt hatte sich Proll für die Initiative #allesaufdentisch stark gemacht. Sie und Kollegen wie Roland Düringer, Eva Herzig und einige „Tatort“-Kommissare wollten jenen Stimmen Platz geben, die in der Debatte um Corona-Maßnahmen angeblich zu kurz kämen.

Dabei kommt es nun zu einem Rechtsstreit. Mitte Oktober hatte ein Gericht auf Antrag der deutschen Initiatoren der Aktion zwei einstweilige Verfügungen gegen Youtube erlassen. Demnach hatte die Videoplattform zu Unrecht zwei Videos der Aktion gelöscht.

YouTube wehrt sich nun nach Angaben des Gerichts gegen diese Entscheidung. Es wurde Widerspruch eingelegt, wie eine Sprecherin des Landgerichts Köln kaut einem Bericht der FAZ mitteilte. Der Fall müsse nun verhandelt werden, ein Termin stehe noch nicht fest.

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