Protestvideo, das zum Song Contest kursierte, ist 15 Jahre alt

Greta Thunberg trägt einen Palästinenserschal und wird von zwei Polizisten abgeführt
Die Teilnahme Israels beim Song Contest führte zu Protesten. Ein Video, das Ausschreitungen zeigt, wurde auf Twitter verbreitet. Es stammt zwar von antiisiraelischen Demonstrantionen in Malmö, allerdings aus 2009.

Der Eurovision Song Contest, sonst ein größtenteils buntes und fröhliches Treiben, wurde in den vergangenen Jahren immer mehr zum Politikum. Heuer war die Stimmung wegen der Teilnahme Israels am Gesangswettbewerb besonders aufgeheizt - und damit auch Nährboden für Falschbehauptungen. Rund um den Song Contest kursierte ein Video von angeblichen Protesten in Malmö.

Kontroversenreicher Song Contest

Das Video ist zwar echt, es stammt auch aus Malmö und zeigt tatsächlich Proteste. Allerdings sind die Aufnahmen bereits 15 Jahre alt und wurden im Zuge eines Demonstrationsmarsches am Rande einer Sportveranstaltung im März 2009 gefilmt. Das ergab ein Faktencheck der APA. Auch auf X wurde mittlerweile hinzugefügt, dass Nutzer darauf hinweisen, dass das Video einen anderen Kontext hat.

Nicht erst seit der russischen Invasion in der Ukraine wurde der ESC, wie die Veranstaltung unter ihren Fans abgekürzt wird, auch als Plattform für politische Statements genutzt. Dabei ist der Song Contest per Regelwerk der European Broadcasting Union (EBU) unpolitisch und darf nicht für politische Inhalte instrumentalisiert werden.

Die Teilnahme Israels an der heurigen 68. Ausgabe des Wettbewerbs sorgte schon im Vorfeld für Kontroversen. Mehrmals musste der Text abgeändert werden, ehe er von der EBU als unpolitisch genug zugelassen wurde. Doch die Teilnahme Israels wurde schon davor zum Politikum.

Antipathie und Protestkundgebungen

Die Ablehnung gegenüber einem Antreten Israels gipfelte in öffentlichen Antipathiebekundungen durch andere Teilnehmer einerseits und groß angelegten Protestkundgebungen andererseits. Tausende Menschen, darunter auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg, riefen dazu auf und nahmen daran teil.

Von ebendiesen Protesten im Vorfeld des Musikwettbewerbs soll auch das geteilte Video stammen. Doch das ist falsch. Tatsächlich beherbergt Malmö einen Großteil der palästinensischen Gemeinschaft Schwedens. Teile davon nahmen nicht nur an den ESC-Protesten teil, sondern auch an früheren Kundgebungen.

Eine davon zog am 7. März 2009 durch die Stadt - als Reaktion auf die israelische "Operation gegossenes Blei", die zu Jahresbeginn fast 1.500 Todesopfer forderte. Damals protestierten rund 7.000 Menschen am Rande des Davis-Cup-Duells zwischen Schweden und Israel gegen dieses. Der Tennis-Wettkampf wurde damals aus Sicherheitsgründen kurzfristig ohne Publikum ausgetragen.

Das archivierte Video auf YouTube aus dem Jahr 2009

Montag, nicht Donnerstag

Ein Teil der Protestierenden spaltete sich auf dem Weg zur Tennishalle vom Rest des Protestzuges ab und attackierte Polizisten und Polizeifahrzeuge. Es gab mehrere Festnahmen, später wurden drei Teenager verurteilt. Die Attacken auf die Polizei wurden von mehreren Kamerateams auf Video festgehalten.

Eines davon wurde nun fälschlicherweise mit den Protesten rund um den ESC in Verbindung gebracht. Gleich zu Beginn des Videos, das bereits 2009 bei Youtube hochgeladen wurde, erwähnt der schwedische Sprecher den Davis Cup und spricht von "Samstag". Das Posting auf Twitter wurde am 9. Mai hochgeladen, einem Donnerstag.

Ort des Geschehens 2009 war der Vorplatz zum Malmö Stadion, einem Fußballstadion mit Leichtathletikanlage. Das lässt sich durch das kurze Video eindeutig belegen. Bei 0:53 im Video ist etwa die Beschriftung der Südtribüne erkennbar, auch die Lage der umliegenden Hochhäuser stimmt überein.

Verräterische Laternen und Handys

Dass die Aufnahme nicht aktuell sein kann, ist einerseits an den Straßenlaternen vor dem Stadion erkennbar. Diese enden (beispielsweise bei 1:13) in Kugeln, wie sie laut Bildern bei Google Street View zumindest bis 2011 verwendet wurden. In den Aufnahmen ab 2014 wurden diese durch kegelförmige Lampeneinfassungen ersetzt. Bei 1:22 filmen andererseits mehrere Menschen das Geschehen mit Telefonen, die eher vor 15 Jahren verwendet wurden als 2024.

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