Eurofighter: Mitterlehner, Mickey Mouse und die Fräsmaschine

Eurofighter: Mitterlehner, Mickey Mouse und die Fräsmaschine
TV-Tagebuch: Der "Report" zeigte einen Alarmstart, Norbert Darabos und einen grantigen Vizekanzler

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Eine kleine Lektion für angehende Fernsehregisseure: Alle Schärfe/Unschärfe-Effekte, die lauteste actiongeladene Musik und die künstlich herbeigeführte Spannung stoßen irgendwann an ihre natürliche Grenze: Den Interviewpartner. In dem Fall hält Generalmajor Hans Hamberger, Leiter der Task Force Eurofighter den rollenden Zug staubtrocken an: „Wenn wir nicht getäuscht worden wären, dann wär‘ alles in Ordnung. Wir sind aber getäuscht worden", erklärt er den Erkenntnisstand zum Eurofighterdeal in einer Weise, die dem Wort Statik neue Festigkeit verleihen könnte. Woraufhin er die wohl unspektakulärste Schlussfolgerung der Militärgeschichte vom Stapel rollen lässt: "Wir hätten daher, hätten wir es gewusst, nie gekauft.“

Alaaarm

Um das Publikum emotional wieder auf Flughöhe zu bringen, folgt im "Report" ein "Alarmstart am Fliegerhorst Zeltweg", der die Dringlichkeit der Situation fast so gut untermalt, wie wenn der Flieger den dortigen Kirchturm mitnehmen würde. Dazu wird ein weiteres Mitglied der Task Force eingespielt, das neue Beweise und einen neuen Blick auf alte Sachverhalte verspricht, bis endlich (!)die erste Rückblende in den Sommer 2002 kommt, die man dieser Tage so gerne zeigt. Ein Mann mit dünner Stimme, graubraunem Anzug wird eingeblendet. Neben ihm steht seine Vizekanzlerin, Susanne Riess-Passer. Er spricht bedächtige Worte: „Die gemeinsame Entscheidung geht für den Eurofighter, für den Typhoon". Soweit Wolfgang Schüssel.

Darabos und der Vergleich

Vier Jahre später erbte übrigens der rote Burgenländer Norbert Darabos das Verteidigungministerium und mit ihm jene Jets, die heute Gegenstand von Rückforderungen in Höhe von bis zu 1,1 Milliarden Euro sind. Was er mit dem Hersteller verhandelt, soll ein Vergleich sein, hält einem solchen heute aber nicht mehr stand: Österreich kaufte alte Maschinen, die teuer nachgerüstet werden mussten.

"Ich hab versucht in harten Verhandlungen auch dafür zu sorgen, soviel wie möglich einsparen. Und das war aus der damaligen Sicht – das ist jetzt zehn Jahre her – aus meiner Sicht der beste Weg." Das eine solche Entscheidung möglicherweise schlanke zehn Jahre überstehen sollte, ohne sich ins Gegenteil zu wenden, scheint für Darabos auch heute noch kein Bestandteil der Rechnung zu sein.

"Die haben gejubelt"

Wie es Airbus mit dem gegangen ist, was aus Darabos' Sicht der "beste Weg" war, darf dann Lobbyistenanwalt Andreas Nödl illustrieren: „Ich glaub, die haben gejubelt darüber. Man hat Vor-Facelift-Modelle, die auf der Halde gestanden sind, liefern dürfen und hat sich noch die Zusatztanks und die Navigationssysteme – wenn sie wollen – herausnehmen dürfen. Die Nachtnavigation und die Feinderkennung."

Schnitt zurück auf den Ex-Zivildiener und Ex-Verteidigungsminister Darabos: "Das hab ich ehrlich gesagt nie verstanden. Weil es geht um Luftraumüberwachung und nicht um den Krieg. In dem Krieg hätten wir so und so keine Chance gehabt, was jetzt den Eurofighter betrifft."

Soweit der Stratege von damals.

Keinerlei Verdachtsmomente für die ÖVP (was die ÖVP anbelangt)

Dann folgt das eigentliche Highlight in der Sendung: Ein Interview Vizekanzler Reinhold Mittlerlehner, in dem dieser einen
sensationellen Zirkelschluss vom Stapel lässt. "Was meine Partei anbelangt, sind keinerlei Verdachtsmomente in Richtung ÖVP aufgetaucht." Überhaupt, die ÖVP und der Eurofighter, aus seiner Sicht eine einzige Erfolgsstory des bürgerlichen Ordnungssinns: "Mein Eindruck ist, der Minister Bartenstein hat das für die Österreichische Wirtschaft sehr penibel vorbereitet, auch wirklich gut abgerechnet und wir haben das gleiche getan." Und sonst auch alles paletti? Mitterlehner findet schon, sieht man einmal von der Berichterstattung über peinliche Details ab: "Die Mickey Mouse-Beispiele, die da immer auch im ORF genannt werden, die Fräsmaschine (im Wert von einem Euro und einem Buchwert von 810.000 Euro, Anm.) oder zum Beispiel der Supermarkt mit dem Namen beginnend mit R. Das haben wir Eurofighter schon mitgeteilt und die haben das herausgenommen und wurde auch nicht von uns eingemeldet."

"Sie hören mir richtig zu, ja"

Moderatorin Susanne Schnabl hakt ein: "Wollen wir festhalten: Mickey Mouse geschäfte im Wert von mehreren Hunderttausend Euro.Wenn ich ihnen jetzt richtig zu höre..."

Mitterlehner, nun schon gut in Fahrt: "Sie hören mir richtig zu, ja."

"...wenn die Staatsanwaltschaft das prüft, könnte das auch weniger werden."

Mitterlehner, in einer Mischung aus gleichgültig und angefressen: "Das glaube ich eben nicht, weil Eurofighter bis zum Jahr 2018 Zeit hat. Wir haben auch Eurofighter mitgeteilt: "Bitte, die Gegengeschäfte, die irgendwie in der Weise da jetzt inkriminiert worden sind, gibt’s ja auch einen Rechnungshofbericht, rechnen wir natürlich nicht an." (An dieser Stelle würde uns ein Gespräch mit jenen Juristen interessieren, die solche Ansagen an einen internationalen Rüstungskonzern wasserdicht übersetzten.) Offenbar: "Eurofighter hat uns mitgeteilt, sie haben kein Problem, in Richtung anderer Gegengeschäfte auszuweiten und das zu erfüllen und die haben eben bis zum Jahr 2018 Zeit."

Und der U-Ausschuss?

Muss es nicht der Regierung das größte Anliegen sein, größtmögliche Aufklärung zu schaffen, sprich: einen Untersuchungsausschuss einzurichten, will Schnabl wissen.

Mitterlehner, der an dieser Stelle sichtlich schon echt dringend heim will: „Es geht immer nur um das schwarz-blaue Bashing und dieses undifferenzierte Bashing halte ich im konkreten Fall für vollkommen falsch und unangebracht."

Dieser Satz bedarf dennoch einer genaueren Betrachtung: "Es geht immer nur um das schwarz-blaue Bashing (=öffentliche Beschimpfung) "Und dieses undifferenzierte Bashing (also eine undifferenzierte öffentliche Beschimpfung) halte ich im konkreten (also nur in diesem) Fall für vollkommen falsch (andernorts wären undiffernzierte öffentliche Beschimpfungen demnach richtig) und unangebracht (im Gegensatz zu allen anderen Fällen, wo undifferenzierte öffentliche Beschimpfungen angebracht sind).“

An dieser Stelle wünscht man sich einen weiteren Alarmstart. Vielleicht einen wackelnden Kirchturm. Aber es geht weiter mit dem nächsten Beitrag.

Kommentare