Erika Pluhar: „Schweigen werde ich nie!“

Erika Pluhar: „Schweigen werde ich nie!“
Gspusis, Satansnamen, Schuldgefühle. Erika Pluhar zieht Zwischenbilanz zum 85. Geburtstag. Wie immer offenherzig, kritisch, authentisch.

Sie ist Grande Dame und Revoluzzerin zugleich. Ein Publikumsliebling, gegen den Strich gebürstet. Erika Pluhar, Schauspielerin, Autorin und Chansonnière, hat österreichische Zeitgeschichte mitgeschrieben und ist doch immer nahbar geblieben. Und auch der nahende 85. Geburtstag am 28. Februar kann ihr die Aufmüpfigkeit nicht nehmen. Nicht umsonst heißt ihr neues Buch, ein Fotoband, „Trotzdem.“

KURIER: Sind Sie durch Ihren bevorstehenden 85er gefordert?

Erika Pluhar: Ja, das hab ich so nicht angenommen, dass da so viel los sein wird. Dazu kommen Lesungen und viel Öffentlichkeitsarbeit für das neue Buch, worüber sich der Verlag freut, aber es ist anstrengend. Ich muss mich dazwischen ausruhen. Nach solchen Terminen werde ich immer ganz stumm.

Nun ist einer Ihrer Wegbegleiter gestorben, der ehemalige Burgtheaterdirektor Achim Benning.

Das hat mich sehr, sehr traurig gemacht. Er war ein Lebensfreund, wir kennen uns seit der Schauspielschule, erst als Kollegen, später war er mein Direktor.

Sie spielten oft unter seiner Regie.

Die mir wichtigsten Arbeiten. Tschechow, Turgenjew und vor allem Gorkis „Sommergäste“: Die waren damals für mich in meinem politischen Erwachen wesentlich. Heute will ja so vieles am Theater politisch sein, aber wir haben einfach nur den Text von Gorki gespielt, und das war so politisch! Die Figur, die ich spielte, greift im Stück alle an und sagt, alle seien faul, kümmerten sich um nichts und seien Opportunisten: Das musste ich dem Kurt Sowinetz entgegenschleudern und hab dafür Szenenapplaus bekommen, etwas sehr Seltenes. Es hat mir gut gefallen, dass da Menschen meiner beziehungsweise Gorkis Meinung waren.

Mit Kurt Sowinetz haben Sie viel gearbeitet.

Es sind so viele Menschen gegangen. Das Weggehen von Zeitgenossen ist mit das Schmerzlichste am Altwerden.

Vom Theater sind Sie jetzt auch schon wieder ein halbes Leben weg.

Ich war vierzig Jahre am Burgtheater, und das ist 25 Jahre her. Ich bin, auch pensionsmäßig, genau zum richtigen Zeitpunkt weggegangen, weil sich die Landschaft des Theaters dann sehr verändert hat, wie so vieles. Es ist nicht mehr meine Landschaft.

Sie gehörten damals zu jenen, die Claus Peymann sehr kritisieren.

Aber eher das Verhalten. Als da plötzlich eine Siegerfahne auf dem Burgtheater prangte und es hieß: Die Jungen kommen. Die Jungen kamen doch immer!

Es heißt oft, Sie seien wegen Peymann gegangen, weil der Sie nicht besetzt hätte.

Das stimmt nicht. Der hätte mich schon besetzt.

Sie gehören noch zu der Generation von Burgschauspielern, denen man anhört, dass Sie nicht aus Norddeutschland stammen.

Ich bin in Floridsdorf aufgewachsen und kann so ein Wienerisch reden, des glaubst ned! Aber als ich in die Schauspielschule nach Hietzing kam, hatte ich nie ein Problem, Hochdeutsch zu sprechen. Ich mochte nur nicht, wenn Piefkisch geredet wurde.