Ob ihr das die frühe Heirat und das Auswandern nach Amerika erleichtert hat?
Man könnte einiges in den Blick der eleganten, schwanenhalsigen Frau auf den glamourösen Schwarz-Weiß-Fotos hineininterpretieren, die rund zehn Jahre später in New York entstanden sind. Brigittes Mann Roland Pleterski ist inzwischen Fotograf, Assistent bei Irving Penn, Brigitte ist sein liebstes Modell. Sie ist wunderschön. Und wer Erika Pluhars Buch über die Kindheits- und Jugendjahre ihrer älteren Schwester Brigitte King gelesen hat, der bildet sich ein: auch ein bisschen traurig.
„Gitti“, geboren 1933 in Brasilien als Tochter der Wiener Kunststudentin Anna Götzer und des böhmischstämmigen Josef Pluhar, Absolvent eines Welthandelsstudiums, Angestellter einer Ölfirma und begeisterter Nationalsozialist. Die ersten drei Lebensjahre genießt Gitti Sonne, Meer und Strand. Die Familie folgt den Nazi-Karrierestationen des Vaters, unter anderem nach Lemberg. Die Gattin schert sich wenig um sein berufliches Treiben, genießt aber dessen wirtschaftliche Vorteile. Die Judenverfolgung wird ausgeblendet. Einmal sieht Gitti ausgemergelte Gestalten im Wald, sie tragen gestreifte Kleidung. „Wer ist das?“, fragt sie die Mutter. „Arme Leute, auf der Flucht.“ Die Idylle im Hause Pluhar scheint indes ungetrübt, man isst Powidltascherln und die Mutter fragt den Vater, ob er oft in den Lagern sei und ob denn das sein müsse. Bald darauf geht er an die Front. Anna, Gitti und die 1939 geborene Erika kehren zurück nach Wien, im Bauch hat die Mutter bereits Ingeborg dabei. Als die Bomben kommen, flüchten Anna und die Mädchen aufs Land. Paradoxerweise scheinen ausgerechnet die Monate als Flüchtlinge die glücklichste, weil gemeinsame Zeit. Zurück im zertrümmerten Wien, bricht die Familie auseinander. Die Platznot bringt Anna dazu, ihre Älteste, bisher scheinbar unverzichtbare Hilfe, zur Oma zu schicken. Das Mädchen fügt sich, wird es fortan immer tun. Und sich irgendwann komplett aus der Familie verabschieden.
Mitfühlend und doch diskret schildert Erika Pluhar, wie es der älteren Schwester, die sie so bewundert hat, ergangen sein muss. Man spürt, dass die kleine die große Schwester immer vermisst hat. Brigitte sucht Schönheit, im grauen Nachkriegswien nur zu erahnen. In der Modeschule lernt sie einen Designlehrer kennen, viel älter als sie. Roland Pleterski wird bald bei den Pluhars vorstellig. Brigitte heiratet, mit gerade einmal 16 Jahren. Pleterski wird Assistent beim Wiener Modeguru Fred Adlmüller, entsprechend prinzessinnenhaft ist das Hochzeitskleid, unerhört glamourös für diese Zeit. Die Wiener Künstlerszene erwacht, Gitti ist plötzlich mittendrin, Erika darf mit ins Künstlerlokal Strohkoffer, wo sie zum ersten Mal echte Burgstars erblickt. Jetzt will man wissen: Wie ging es weiter mit Gitti? Dass das Buch an dieser Stelle aus ist, muss man ihm wirklich vorwerfen.