Fünf Freunde über den Tod hinaus

Seit Freitag läuft "Fünf Freunde 3" im Kino
Ihre neue Abenteuergeschichte wurde von Ghostwritern geschrieben – Usus seit 40 Jahren.

Georgina, Anne, Dick, Julian und Mischlingshund Tim müssten heute Mitte achtzig sein. 1942 erschien mit „Five on a Treasure Island“ das erste Abenteuer der „Fünf Freunde“ (auf Deutsch erstmals 1953: „Fünf Freunde erforschen die Schatzinsel“). Die Mädchen und Burschen waren zwischen elf und zwölf, das Alter des Hundes Tim, einem Findelkind, war nicht auszumachen. Er hätte heute schon mindestens so viele Darsteller wie Lassie.

Teufelsinseln

Tatsächlich wurden die jungen Briten von ihrer Schöpferin Enid Blyton von der Unbill des Erwachsenwerdens verschont. Sie dürfen auf ewig Kinder bleiben, haben immer Ferien und wollen seit 72 Jahren nichts anders als Perlenschmuggler ausfindig machen und Teufelsinseln erkunden. Was man eben so macht, als Elfjähriger.

Bücher, Hörspiele, Fernsehserien und Kinofilme werden seit Jahrzehnten von den fünf im Clinch mit Räubern, Verrätern oder Medizinmännern bestritten. Im neuen Film „Fünf Freunde 3“ (seit Freitag im Kino) geht’s um einen Piratenschatz und in Band 69 der Buch-Serie um einen Koffer ohne Besitzer. „Das doppelte Spiel“ heißt das Buch, das im April im cbj-Verlag erscheinen wird.

Alkohol-Verbot

Die Helden sind jung wie immer. Es gibt weder Alkohol noch Zigaretten, weder Handys noch Computer (obwohl mittlerweile Computerspiele mit den „Famous Five“ auf dem Markt sind). Die Geschichte nimmt ihren Ausgang in der Tatsache, dass die junge Georg aka Georgina auf dem Flughafen einen herrenlosen Koffer ersteigert.

Trotz – oder gerade wegen – derartiger Anachronismen scheint der Erfolg der Serie ungebremst. In vierzig Sprachen, von Afrikaans bis zum in Pakistan gesprochenen Urdu, sind die Geschichten der fünf übersetzt worden.

Zu Lebzeiten der Autorin setzte es gehörig Kritik an den erfolgreichen Büchern: stereotype Charaktere, mangelnde sprachliche Qualität und Intoleranz gegenüber Außenseitern wurden moniert.

Herzinfarkt

Am Ruhm der Enid Blyton wird auch Jahrzehnte nach ihrem Tod – sie starb 1968 an einem Herzinfarkt – weitergesponnen. Die Quellen der fünf Briten auf Abenteuersuche und der Hanni-und-Nanni-Internats-Soaps versiegen nicht. Das Geheimnis sind Ghostwriter wie die 47-jährige Düsseldorfer Autorin Sarah Bosse, die seit 2005 die Fünf-Freunde-Geschichten schreibt. Ob Bosses Bemühungen auch von der englischen „Enid Blyton Society“ geschätzt werden? In dem Verein, dessen Homepage (www.enidblytonsociety.co.uk) offenbar penibel betreut wird, dürften etliche Puristen zugange sein. Euphorische Postings bescheinigen der enorm fleißigen Blyton, die 753 Bücher verfasste, „die beste Schriftstellerin der Welt“ gewesen zu sein.

Bekloppt

So durchwachsen wie die Einschätzung ihres schriftstellerischen Schaffens soll auch ihre Persönlichkeit gewesen sein. „Die Rolle hat mich gereizt, weil Enid Blyton bekloppt war“, erklärte Schauspielerin Helena Bonham-Carter, als sie die Hauptrolle in einem Fernsehfilm der BBC über das Leben der Kinderbuchautorin übernahm. Der Film zeigte die seelischen Abgründe der Frau, die ihrer jüngeren Tochter zufolge ihr Leben komplett dem Beruf untergeordnet haben soll. 10.000 Wörter schrieb sie am Tag, 600 Millionen ihrer Werke wurden weltweit verkauft. Ursprung ihrer Produktivität sollen die Streitereien ihrer Eltern gewesen sein: Um ihnen zu entkommen, habe Enid ihren Brüdern Geschichten erzählt. Der Beginn der erfolgreichsten Kinderbuchautorin der Welt – der als Mutter weniger Talent beschieden war.

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