Eine Weltpremiere ohne Regisseur: Ulrich Seidl kommt nicht

Eine Warteschlange vor dem Filmfestival am Samstag.
Das Filmfestival San Sebastian hat nun schon die zweite Absage hinzunehmen. Seidl will "Sparta" wirken lassen.

Die Sonne strahlt an diesem Samstag wie selten in Nordspanien. Wer Zeit hat, legt sich an den Strand, aber die meisten der Spanier, Franzosen, Deutschen und Briten, die am zweiten Tag des Film-Festivals von San Sebastian durch die Stadt ziehen, wollen Stars sehen. Direktor José Luis Rebordinos hat dagegen nicht eine Minute Ruhe. Die 70. Edition gestaltet sich stressig. Erst sagte Star-Jurorin Glenn Close ab und dann auch der von ihm hochangesehene Regisseur und Produzent Ulrich Seidl. Sein Dokudrama „Sparta“ hatte zwar im Vorfeld das Medieninteresse der nordeuropäischen Presse an Spaniens bedeutendsten Kino-Treff gesteigert, aber die Leitung auch unter enormen Druck setzt. Denn nach der Absage beim TIFF in Toronto wird die Weltpremiere von „Sparta“ nun im Baskenland stattfinden, allerdings ohne das Filmteam.

 

Weltpremiere ohne Stars   

Nachdem Seidl zunächst zugesagt hatte, nach San Sebastian zu kommen, wurde seine Präsenz an Freitagabend kurzfristig abgesagt. Nicht nur „Der Spiegel“ auch das Wochenblatt „Falter“ hatten im Vorfeld Kritik an seinem Umgang mit Minderjährigen bei den Dreharbeiten für das Dokudrama über einen Mann mit pädophilen Neigungen geübt.  Das Hamburger Filmfest hatte daraufhin einen Preis an Seidl wieder zurückgezogen, obwohl es keine Beweise oder Anzeigen gibt, Seidl seine Unschuld beteuert und Teammitglieder ihn verteidigt haben.  Die spanische Filmkritikerin Rosalía Domínguez bringt die Polemik auf den Punkt: „Die Leute sind derzeit sehr sensibel bei einigen Themen, sind aber nicht konsequent in ihren Haltungen. Fiktion ist Fiktion und Eltern, die ihre Kinder für Dreharbeiten zur Verfügung stellen, haben die Pflicht, sie darüber aufzuklären.“ Seidl geht derweil weiterem Stress aus dem Weg: Es wird auf dem Festival vier Vorführungen, aber keine Pressekonferenz und auch keinen Photocall geben. „Der Film soll für sich wirken,“ teilte der Regisseur mit.

Claudia Müller aus San Sebastian

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