Eine Beethoven-Feier: Pianist Igor Levit bei den Salzburger Festspielen
lNach all dem Hoffen und Warten sei es ein „unbeschreibliches Glück“, in Salzburg auftreten zu dürfen, lässt Igor Levit am Ende seines Konzerts im Haus für Mozart sein Publikum wissen. Es war das erste von acht in diesem Salzburger Festspielsommer, in denen er alle 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven aufführt.
Seit er als 25-jähriger 2013 erstmals mit seiner Einspielung der drei letzten Sonaten aufhorchen ließ, ist Levit zu einem der gefragtesten Interpreten geworden, wenn es um Beethoven geht.
Kraftakt
Denn Levit lebt seine Beziehung zu diesen Werken. Diese aber wandelt sich ständig. Egal wie oft er sie anlässlich der 250. Wiederkehr von Beethovens Geburtstag im Dezember spielen wird, nie wird er müde, Neues zu entdecken, was bereits bei der “Sonate Nr. 1 in f-Moll“ zu hören war. In atemberaubendem Tempo legte er los. Leichthändig ließ er seine Finger über die Tasten jagen, als wäre das Prestissimo im Finalsatz die Lizenz zum Rasen. Brillant ließ er die Feinheiten dieser frühen Sonate hören.
Klangfarben
Wenn Levit Beethoven spielt, ist er der Freieste von allen und doch ganz dem Werk verhaftet. Der langsame Satz der „As-Dur Sonate“ war reinste Poesie, was folgte, setzte er akzentuiert in Szene, Ohrwurmcharakter beim „Trauermarsch“ inklusive. Wie ein irrlichterndes Klangfarbenspiel mutete die „Nr. 25 in G-Dur“ an.
Dann aber kam die „Waldstein-Sonate“: Mit furioser Rasanz stürzte er sich in die Klangkaskaden, das war purste Energie, pures Glück, ein Stürmen ein Drängen, ein Akt der absoluten Lebenslust. Danach geht eigentlich gar nichts mehr. Was aber, wenn das Publikum trotzdem eine Zugabe will? Die hatte er parat. Während des Lockdowns hatte ihm der Jazz-Pianist Fred Hersch eine Komposition mit dem Titel „Trees“ gewidmet. Ein Stück von dem sich Levit umarmt fühlt, sprach’s, spielte und man wusste, weshalb.
Kino
Levit live – das ist großes Klang-Kino mit höchstem Virtuositätsfaktor, was sich auch in Teil zwei manifestierte. An dessen Beginn stand die technisch fordernde „Sonate Nr. 24 in Fis-Dur“.
Das war ein Changieren zwischen lyrischer Kantabilität, frohsinnigen Einsprengseln und technischem Raffinement.
Zum Ereignis geriet der langsame Satz der „Nummer 4 in Es-Dur“. Den spielte Levit ganz verinnerlicht, das war, als wollte er zu jedem dieser Momente, dieser Töne sagen: „Verweile doch, du bist so schön“. Wie musikalische Spielereien muteten die „Sonaten Nr. 9 in E-Dur“ und „Nr. 10 in G-Dur“ an, die er mit Raffinesse zum Schweben brachte. Das „Les Adieux in Es-Dur“ geriet zum wahrhaftigen Klangtheater, ein Wechselspiel zwischen Dur und Moll, zwischen Frohsinn und Traurigkeit.
Kleinod
Wie bereits am ersten Abend wartete Levit auch beim zweiten Konzert mit einer ihm gewidmeten Komposition auf. Malakoff Kowalski hatte für ihn ein Stück namens „August Rosenbrunn“ geschrieben. Das Kleinod klang wie ein ins Heute gerückter Satie.
Das war poetisch, das war schön, und der Jubel wollte nicht enden.
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