Salzburg – ein Sommermärchen

Krassimira Stoyanova als Danae, Gerhard Siegel als Midas
"Die Liebe der Danae" von Strauss wurde bei den Salzburger Festspielen musikalisch zum Ereignis – und szenisch zum Comic.

Diese Festspiel-Premiere wird noch lange in Erinnerung bleiben. Wegen einer exemplarisch guten musikalischen Gestaltung. Dank exzellenter sängerischer Leistungen. Und aufgrund einer Kostümorgie auf der Bühne, die vermutlich ein Vermögen gekostet hat, aber nichts zur Substanz beiträgt. Man hört eine Weltflucht, sehnsuchtsvoll, traumhaft schön. Und man sieht eine Ausstattungsschlacht, irgendwo zwischen Pixar-Filmen und dem Komik "Isnogud, der Großwesir" angesiedelt. Die Diskrepanz des Werkes spiegelt sich also auch in der Realisierung wider.

1944 hätte "Die Liebe der Danae" von Richard Strauss in Salzburg uraufgeführt werden sollen. Es kam nur zur öffentlichen Generalprobe, die Premiere wurde nach dem Attentat auf Hitler abgesagt. Erst 1952, drei Jahre nach dem Tod von Strauss, fand die Premiere statt.

Historisch beachtlich an diesem Werk ist, wie sehr Strauss noch konsequenter als sonst vor der NS-Zeit die Augen verschließt. Wie sehr er sich, fast naiv, nach antiken Stoffen sehnt. Wie er das Ende einer Epoche beweint.

Musikalisch beachtlich an diesem Werk ist alles: Die Partitur ist meisterhaft, die Tonsprache so brillant wie in den besten Opern des Komponisten. Die letzten 20 Minuten, der Versuch, sich in reine Tonalität, in Klänge, in Melodien zu retten, zählen zum Allerbesten aus Straussens Feder und sind betörend schön.

Musikalische Flucht

All das, das anfängliche, musikalisch durchaus radikale, Ringen und die finale Flucht, hört man im Großen Salzburger Festspielhaus auf wunderbarste Weise. Die Wiener Philharmoniker spielen, sowohl solistisch als auch im Kollektiv, prachtvoll, präzise und erzeugen (ebenso wie die Bühne) einen Farbenrausch. Das Dirigat von Franz Welser-Möst ist differenziert, sensibel, emotional – und dabei stets dramatisch und dramaturgisch ausgefeilt.

Auch die Sänger tragen das Ihre zum Erfolg bei. Krassimira Stoyanova ist eine Danae mit fabelhaft geführtem, in der Höhe stets klarem, berührendem, glänzendem Sopran. Tomasz Konieczny ist ein Jupiter mit viel Kraft und Ausdruck, der diese höllisch schwierige Partie erfreulicherweise mehr wie Wotan oder Wanderer anlegt denn als Telramund. Gerhard Siegel singt den Midas markant, durchschlagskräftig, durchaus heldisch, famos. Norbert Ernst (Merkur) und Wolfgang Ablinger-Sperrhacke (Pollux) sind ebenso gut besetzt wie die zahlreichen Interpreten kleinerer Partien. Auch der Staatsopernchor singt beeindruckend. Einer der Gründe, warum dieses Werk so selten gespielt wird, liegt in der Schwierigkeit, geeignete Protagonisten zu finden – in Salzburg hat man das geschafft.

Szenische Flucht

Das Problem ist die szenische Umsetzung. Die Geschichte – Jupiter und Midas wetteifern um die Liebe der Danae, die vom Gold angezogen ist, sich letztlich aber für den Menschen, gegen Gott und gegen Reichtum entscheidet – böte durchaus Ansatzpunkte für eine tiefere Auseinandersetzung. Aber Regisseur Alvis Hermanis klammert alles, was nur nach Interpretation riechen könnte, aus: Von der Entstehungsgeschichte über den Konflikt Mensch/Gott bis zur Kapitalismuskritik und dem Schauplatz Syrien.

Was kann man über Personenführung und Geschehen auf der weiß gekachelten und mit Projektionen und Teppichen aufgepeppten Bühne sagen? Nichts.

Was kann man über die Kostüme sagen? Viel. Aber ob sich das lohnt? Man hat jedenfalls den Eindruck, als wären ganze Bazare für Kilometer an Stoff leergekauft worden. Das Schlimmste ist, dass sich zwölf Tänzerinnen die meiste Zeit über zwecks Behübschung räkeln. Die Überhöhung der "heiteren Mythologie" von Joseph Gregor (nach Hofmannsthal) zum reinen Märchen funktioniert nicht.

TIPP: Am Freitag, 12. August, 21.20 Uhr, ist "Die Liebe der Danae" live-zeitversetzt in ORF 2 zu sehen

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