Ehrenkreuz für Barbara Frischmuth

APA11871978 - 13032013 - WIEN - ÖSTERREICH: BM Claudia Schmied (L) verleiht am Donnerstag, 13. März 2013, der österreichischen Schriftstellerin Barbara Frischmuth im Audienzsaal des Kulturministeriums das "Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse". APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Die österreichische Schriftstellerin bekam die hohe Auszeichnung am Donnerstag in Wien.

Die österreichische Schriftstellerin Barbara Frischmuth erhielt am Donnerstagnachmittag im Audienzsaal des Kulturministeriums das "Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse". In Anwesenheit von Freunden und Kollegen nahm die 71-Jährige die Auszeichnung entgegen und nützte ihre Dankesrede dazu, auf die nach wie vor bestehende Benachteiligung von Frauen in Beruf, Alltag und eben auch bei Auszeichnungen einzugehen. Sie freue sich, dass mit dem heutigen Tag "der prozentuelle Anteil von Frauen an dieser Ehrung um ein paar Punkte gestiegen ist".

Kulturministerin Claudia Schmied (S) würdigte Frischmuth zu Beginn der Verleihung als "disziplinierte Vielschreiberin". Die Autorin gelte als "personifizierte Toleranz zwischen Religionen und Kulturen". Sie verbinde "hochdifferenzierten Sprachreichtum, scharfen Intellekt und Sinn für Gerechtigkeit, Wertschätzung und Respekt", so die Ministerin in ihrer Begrüßung. Frischmuth habe "den Mut, gegen den Jargon und die Oberflächlichkeit - die sprachliche Oberflächlichkeit - des Alltags aufzutreten", was die Geehrte dann auch tat.

"Was ist los mit uns Frauen?"

Ehrenkreuz für Barbara Frischmuth
APA11871982 - 13032013 - WIEN - ÖSTERREICH: Die österreichische Schriftstellerin Barbara Frischmuth erhielt am Donnerstag, 13. März 2013, im Audienzsaal des Kulturministeriums das "Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse". APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
So teilteFrischmuthim Rahmen ihrer "Meckerei" alias Dankesrede ihre "Google-Erkenntnisse": "Unter 155 Empfängern des Ehrenkreuzes seit 1955 sind nur neun, ab heute zehn Frauen", so Frischmuth, die ähnliche Verhältnisse auch in Bezug auf weitere staatliche Auszeichnungen sowie Professuren an Universitäten vorrechnete. "Da frage ich mich: was ist los mit uns österreichischen Frauen, die wir alle angeblich in allem gleichstellt werden?" Gehe es noch immer vordringlich "um die sogenannte Brutpflege"? Die meisten für eine (Universitäts-)karriere infrage kommenden Frauen würden sich - im Vergleich zu Frankreich - ohnehin gegen Kinder entscheiden.

Eine Karriere in Zusammenhang mit Frauen klinge "immer noch anrüchig. Niemand gerät so schnell in Verruf wie Frauen, die ihren Ehrgeiz zu sehr zeigen." Und so plädierte Frischmuth für mehr Hartnäckigkeit und das Durchbrechen von Gewohnheiten: "Freunde, legt die Federn an. Auch wir wackeln mit unseren Kreuzen. Macht Platz auf den höheren Ästen!"

In seiner Laudatio näherte sich der Grazer Literaturprofessor Gerhard Melzer, der sowohl das Literaturhaus Graz als auch das Franz Nabl-Institut leitet, Frischmuths Werk unter dem Aspekt des Genusses. Diese entschiedene Orientierung verdanke sich der frühen Begegnung mit dem Allzeitklassiker der Erzählkunst, "Tausendundeine Nacht": "Ist bei Ludwig Wittgenstein die Welt alles 'was der Fall ist', so ist sie bei Frischmuth alles, was den Sinnen zugänglich ist."

Frischmuths Schilderungen etablierten ein "Bild der Welt, das dem Ding- und Körperhaften den Vorzug gibt vor jeglicher Spekulation und intellektuellen Verstiegenheit", so Melzer, der die "Neugier und Offenheit" der Autorin würdigte. "Schreiben heißt für Barbara Frischmuth weiter und weiter schreiben, im Doppelsinn von fortgesetztem und dabei immer weitere Kreise ziehendem Schreiben", so Melzer in seiner Laudatio, in der er auch auf die passionierte Gärtnerin Frischmuth verwies.

Barbara Frischmuth wurde am 5. Juli 1941 in Altaussee geboren. Sie studierte Türkisch und Ungarisch (Dolmetsch) an der Universität Graz, später Orientalistik in Wien. Ein Stipendium führte sie 1960/61 erstmals in die Türkei - an die ostanatolische Universität in Erzurum. Ihren Romanerstling legte sie 1968 mit "Die Klosterschule" vor, in dem Frischmuth die autoritären Strukturen eines Mädchengymnasiums beschrieb. Nach ihrem Debüt und dem Roman "Das Verschwinden des Schattens in der Sonne" (1973) erzielte die Autorin vor allem mit der "Sternwieser-Trilogie" (1976-1979) und der "Demeter-Trilogie" (1986-1990) Erfolge.

Neben Erzählungen, Essays, Hör- und Fernsehspielen erschienen zuletzt u.a. die Romane "Der Sommer, in dem Anna verschwunden war" (2004), der Reiseroman "Vergiss Ägypten" (2008) und "Woher wir kommen" (2012). In ihren literarischen Gartentagebüchern "Fingerkraut und Feenhandschuh" (1999), "Löwenmaul und Irisschwert" (2003) und "Marder, Rose, Fink und Laus" (2007) hat sie ihre schriftstellerische mit der gärtnerischen Passion vereint.

Frischmuth erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter der österreichische Kinder- und Jugendbuchpreis 1972, der Anton-Wildgans-Preis 1973 und der Franz-Nabl-Literaturpreis 1999. 2005 wurde sie mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln gewürdigt. Seit 1999 lebt die Autorin wieder in Altaussee.

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