Autorin Barbara Frischmuth ist 70
Die österreichische Schriftstellerin Barbara Frischmuth ist am 5. Juli 70 Jahre alt geworden. Bundespräsident Heinz Fischer hat in einem Glückwunschschreiben ihr literarisches Wirken gewürdigt. "Als eine der wichtigsten Autorinnen der Gegenwart haben Sie sich nicht nur in Österreich sondern auch außerhalb des deutschen Sprachraums eine große Lesergemeinde geschaffen und vielen Menschen mit Ihren Büchern und Ihren Gedanken unvergessliche Stunden und lebensnahe Anstöße gebracht. Sowohl mit Ihren Romanen und Erzählungen als auch mit Ihren Theaterstücken, Hörspielen und Filmen regen Sie zum Denken an und rütteln das Gewissen wach", so der Bundespräsident in seinem Schreiben.
Das Literaturhaus Graz feierte die Jubilarin bereits Tage davor mit einem Geburtstagsfest, in dessen Rahmen die Autorin mit dem "Großen Goldenen Ehrenzeichen des Landes Steiermark" geehrt wurde. Als Zeichen der "nachhaltigen Verbundenheit mit ihr" hat das Literaturhaus in seinem Garten einen Gingkobaum gepflanzt.
Der Versuch, andere Kulturen und Ideologien zu verstehen und für Toleranz und Verständigung in den interkulturellen Beziehungen einzutreten, prägten Leben und Werk der Schriftstellerin. Dabei habe sie dem Anderen, dem Fremden immer "liebevollen Respekt und aufrichtiges Interesse" entgegengebracht, "das Nächstbeste, das Vordergründige hat sie nie interessiert", würdigte Laudator Alfred Komarek - wie Frischmuth im steirischen Ausseerland geboren - die Autorin und Übersetzerin. Aus seiner Sicht sei Frischmuth "eine der lebendigsten und wichtigsten Autorinnen der deutschen Sprache", hielt Rene Strien, Geschäftsführer des Berliner Aufbau-Verlages, fest. Im Innenhof des Literaturhauses wurde "für die Vermittlerin zwischen den Kulturen" bereits im Vorfeld des Festes ein Gingkobaum "als Zeichen unserer nachhaltigen Verbundenheit mit ihr" gepflanzt, so Literaturhaus-Leiter Gerhard Melzer.
Ehrung mit kritischem Nachsatz
"In Dankbarkeit und Hochachtung für die große und großartige literarische Tochter unseres Landes" überreichte Landeshauptmann Franz Voves der Autorin das "Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark". Sie gehe davon aus, dass sie "nicht nur für ein Lebenswerk, sondern für eine bestimmte - durchaus kritische - Haltung" geehrt werde, hielt Frischmuth daraufhin fest. Die Auszeichnung, die - wie sie betonte - bereits Paul Lendvai zuteil geworden ist, nehme sie dankend an. Nachsatz: "Aber auch SS-Obersturmbannführer Wilhelm Höttl, ehemaliger Schuldirektor in Bad Aussee, hat sie bekommen."
In ihrer Dankesrede ging Frischmuth auch auf das Anfang Mai in Kraft getretene steirische Bettlerverbot ein: "Als ich heute nach Graz kam, fehlte mir plötzlich was - die Bettler. Vielleicht schläft man jetzt in Graz besser...wenn nicht, wäre das alles...", ließ Frischmuth bewusst die Zuhörer selbst ihren jeweiligen Schluss ziehen.
Barbara Frischmuth wurde am 5. Juli 1941 in Altaussee geboren. Nachdem ihr Vater im Zweiten Weltkrieg gefallen war, wuchs sie bei ihrer Mutter auf, die in Altaussee bis Mitte der 1950er-Jahre ein Hotel führte. Sie studierte Türkisch und Ungarisch (Dolmetsch) an der Universität Graz, später Orientalistik in Wien. Ein Stipendium führte sie 1960/61 erstmals in die Türkei - an die ostanatolische Universität in Erzurum. Nach ihrer Rückkehr las Frischmuth im Grazer "Forum Stadtpark" erstmals aus eigenen Werken.
Schriftstellerin und passionierte Gärtnerin
Ihren Romanerstling legte sie 1968 mit "Die Klosterschule" vor, in dem Frischmuth die autoritären Strukturen eines Mädchengymnasiums beschrieb. Nach ihrem Debüt und dem Roman "Das Verschwinden des Schattens in der Sonne" (1973) erzielte die Autorin vor allem mit der "Sternwieser-Trilogie" (1976-1979) und der "Demeter-Trilogie" (1986-1990) Erfolge. Neben Erzählungen, Essays, Hör- und Fernsehspielen erschienen zuletzt u.a. die Romane "Die Entschlüsselung" (2001), "Der Sommer, in dem Anna verschwunden war" (2004) und der Reiseroman "Vergiss Ägypten (2008). In ihren literarischen Gartentagebüchern "Fingerkraut und Feenhandschuh" (1999), "Löwenmaul und Irisschwert" (2003) und "Marder, Rose, Fink und Laus" (2007) hat sie ihre schriftstellerische mit der gärtnerischen Passion vereint.
Frischmuth erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter der österreichische Kinder- und Jugendbuchpreis 1972, der Anton-Wildgans-Preis 1973 und der Franz-Nabl-Literaturpreis 1999. 2005 wurde sie mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln gewürdigt. Seit 1999 lebt die Autorin wieder in Altaussee.
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