Harnoncourt: Ein Gigant sitzt jetzt bei den Giganten
Nein, er ist nicht tot. Er kann gar nicht tot sein bei all dem, was er geschaffen hat. Seine sterbliche Hülle mag vielleicht am Samstag dorthin entschwunden sein, wo all die Giganten, mit denen er sich befasste, schon auf einen der Ihren warteten. Aber sein Werk lebt, und mit diesem auch sein Schöpfer. Es wird ewig leben, weil er damit Musikgeschichte geschrieben hat. Nikolaus Harnoncourt lebt – in den Köpfen all jener, die von Musik mehr erwarten als Behübschung, in den Ohren derjenigen, die offen sind für neue Zugänge.
Er war 86 Jahre alt, als er nun im Kreise seiner Familie friedlich entschlief, nach schwerer Krankheit. Aber Alter war für ihn nie eine Kategorie. Harnoncourt war bis zuletzt der radikalste Dirigent, den man sich nur vorstellen bzw. wünschen kann. Er schaute stets nach vorne, obwohl er sich repertoiremäßig vor allem um das lange hinter uns Liegende kümmerte. Er nahm das Alte, um es in die Gegenwart, nein, in die Zukunft zu katapultieren. Er konnte gar nicht anders, als mit seinen Interpretationen Geschichten über unsere Zeit zu erzählen. Oder darüber, was wir von einer anderen Zeit für die unsere lernen können.
Zeitreisen
Ja, Nikolaus Harnoncourt war ein Erzähler. Ein Erklärer. Ein Analytiker. Und auch ein Lehrer. Wie so oft bei Lehrern, sind viele Schüler zunächst einmal skeptisch, wenn sie plötzlich Thesen hören, von denen nie zuvor die Rede gewesen war. Wer jedoch bereit war, Harnoncourt zu folgen, wer sich mit ihm auf Zeitreise begab, sah die Welt danach mit anderen Augen. Dass Harnoncourt seine Überzeugungsarbeit auch mit Humor verrichtete, zeichnete ihn besonders aus. Er behauptete stets, nie zu lachen. Das stimmt aber nur, wenn man unter Lachen das Verziehen der Mundwinkel bei gleichzeitigem Ausstoßen seltsamer Laute versteht.
Biografie
Geboren wurde der Ururenkel Erzherzog Johanns als Johann Nicolaus de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt am 6. Dezember, also dem Nikolaustag 1929, in Berlin. Er wuchs in Graz auf, wo er später mit der styriarte ein Zentrum seiner Tätigkeit schaffen sollte. Eine Ausbildung zum Cellisten führte zum Engagement bei den Symphonikern. 1953 gründete er mit seiner späteren Frau Alice den Concentus Musicus. Dieser wurde zur ersten Adresse für Originalklang, für Interpretationen auf alten Instrumenten. Mit diesem Klangkörper fegte der Instrumentensammler den Staub, der sich über die Jahrhunderte angesammelt hatte, von den alten Werken. Vom klassischen Allerweltsbetrieb hatte er bald, konkret nach einer Aufführung der g-moll-Symphonie von Mozart mit dem Symphonikern, genug. Er legte das Cello weg.
Mit diesem Schreiben zog sich Harnoncourt im Dezember 2015 vom Konzertbetrieb zurück
Auch im Opernfach hinterlässt Harnoncourt Bleibendes – seine Arbeiten in Zürich mit Jean-Pierre Ponnelle, seine Dirigate an der Wien, in Salzburg und Graz, sei es mit Mozart, Haydn, Gershwin oder Bizet. Dass der leidenschaftliche Holzschnitzer, der seit vielen Jahren in St. Georgen im Attergau lebte, auch starken Bezug zur Volksmusik hatte, ist fast logisch. Im Dezember zog er sich mit einem im Musikverein verteilten Brief vom Konzertbetrieb zurück.
Er galt lange Zeit als Widersacher Herbert von Karajans, obwohl es auch Aussprachen gab. Dass ihm eben erst Abbado, Maazel, Boulez vorangegangen sind, zeigt, dass die Musikszene gerade ihre großen alten Meister verliert. In einer Zeit des Konformismus, der Mutlosigkeit, der vielerorts erkennbaren Verflachung kann sich jeder Kunstschaffende Harnoncourt nur als Vorbild nehmen.
Adieu! Danke für so viel Unvergessliches!
Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich "tief erschüttert über den Tod dieses hervorragenden Menschen. Harnoncourt war ein konsequenter Erneuerer der Musik (...)". "Der Tod von Nikolaus Harnoncourt bedeutet einen unersetzlichen Verlust für das österreichische und internationale Musikleben", so Kulturminister Josef Ostermayer (SP).
Auch Dirigent Franz Welser-Möst zeigte sich vom Ableben Harnoncourts tief getroffen: "Der Interpret, der unsere Welt mehr als jeder andere der letzten 50 Jahre geprägt hat, ist nicht mehr (...) Das Wort Verlust drückt nicht aus, was ich empfinde".
Eng verbunden mit Harnoncourt war Schauspieler und Regisseur Tobias Moretti: "Das tut ganz tief weh und wird auch lange so sein. Ohne ihn gäbe es uns so gar nicht."
Trauer und Bestürzung zeigte auch Roland Geyer, Intendant des Theaters an der Wien, wo auf eine über zehn Jahre währende Zusammenarbeit zurückgeblickt wurde: Die Begegnung mit Harnoncourt sei "künstlerisch wie menschlich ganz außergewöhnlich" gewesen.
Bestürzt über den Tod des großen Dirigenten zeigten sich die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler und Intendant Sven-Eric Bechtolf: "Nikolaus Harnoncourt der Fackelträger wird uns fehlen, fehlt uns heute schon." Die schwarze Flagge weht auf dem Festspielhaus, "in dem er uns so viele unvergessliche Stunden bereitet hat", gaben sie am Sonntag in einer Presseaussendung bekannt. "Unser Mitgefühl gilt in dieser dunklen Stunde seiner Familie vor allem seiner Frau Alice. Sie war sein Lebensmensch, seine unersetzliche private und berufliche Partnerin", meinten Rabl-Stadler und Bechtolf in der gemeinsamen Aussendung.
Mit Nikolaus Harnoncourt verlieren wir einen "brennend Überzeugten und charismatischen Überzeuger", würdigte Staatsopern-Direktor Dominique Meyer den Dirigenten. Mit dem Concentus Musicus Wien habe Harnoncourt der Welt einen Klangkörper geschenkt, "der Bekanntes in einem völlig neuen Licht präsentierte; so war ein Konzertbesuch bei ihm auch immer eine Entdeckungsreise", erinnerte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) an den "kompromisslosen wie leidenschaftlichen Künstler". "Die Welt hat einen Unersetzbaren verloren", reagierte styriarte-Intendant Mathis Huber. Weitere Reaktionen kamen u. a. von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), ORF-Chef Alexander Wrabetz sowie von allen Parlamentsparteien.
6. Dezember 1929 | Geburt in Berlin als Johann Nicolaus de la Fontaine und d'Harnoncourt-Unverzagt |
1931 | Familie übersiedelt wieder nach Graz |
1945 | Aufnahme von Cello-Unterricht |
1947 | Regisseur und Puppenschnitzer bei einer Produktion von Bruno Ertlers "Dr. Faust" im Grazer Palais Attems |
1949 | Gründung des Wiener Gamben-Quartetts |
1952 | Harnoncourt wird Cellist der Wiener Symphoniker |
1953 | Heirat mit Alice Hoffelner |
1953 | Gründung des Concentus Musicus Wien |
1957 | Offizielles Debüt des Concentus zur Wiedereröffnung des Palais Schwarzenberg |
1969 | Rückzug als Symphoniker-Cellist |
1972 | Beginn der Dirigententätigkeit mit Monteverdis "Il ritorno d'Ulisse" an der Piccolo Scala in Mailand |
1973 | Professur am Mozarteum Salzburg |
1975 | Erste Opernproduktion (Monteverdis "L'Orfeo" mit Jean-Pierre Ponnelle am Opernhaus Zürich) |
1980 | Erster Auftritt als Dirigent in Österreich (Mit dem Concertgebouw Orkest bei der Salzburger Mozartwoche) |
1983 | Debüt am Pult der Wiener Symphoniker |
1984 | Debüt am Pult der Wiener Philharmoniker |
1985 | Gründung des steirischen Klassikfestivals styriarte |
1987 | Debüt an der Wiener Staatsoper mit Mozarts "Idomeneo" |
1992 | Debüt bei den Salzburger Festspielen mit Beethovens "Missa Solemnis" |
1992 | Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde Wien |
1999 | Verleihung der Hans-von-Bülow-Medaille der Berliner Philharmoniker |
2001 | Dirigiert erstmals das Neujahrskonzert (2003 erneut) |
2002 | Verleihung des Ernst-von-Siemens-Musikpreises in München |
2002 | Aufnahme in den Orden "Pour le Merite" |
2002 | Verleihung des Grammy für die Aufnahme von Bachs "Matthäuspassion" |
2003 | Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland |
2004 | Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker |
2008 | Einzige Opernregie (Mozarts "Idomeneo" bei der styriarte) |
2009 | Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst |
2012 | Ernennung zum Officiers dans l'Ordre de la Legion d'Honneur |
2014 | Ehrenmitglied der Berliner Philharmoniker |
2014 | Echo Klassik für das Lebenswerk |
5. Dezember 2015 | Verkündung des Rückzugs vom Dirigentenpult in einem offenen Brief |
5. März 2016 | Tod im Alter von 86 Jahren |
Erscheinungsjahr | Titel | Proponenten | Details |
1950 | Johann Sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6 | Kammerorchester der Konzerthaus-Gesellschaft (i.e. Wiener Symphoniker) unter Josef Mertin | Erste Aufnahme mit Nikolaus Harnoncourt, hier an der Viola da gamba |
1954 | Elisabethanische und Jakobinische Musik: Werke von Dowland, Morley, Bartlett | Mit Alfred Deller, Desmond Dupre und dem Wiener Gamben-Consort | Erste Aufnahme des 1949 gegründeten Gamben-Consorts |
1960 | Werke von Joseph Haydn | Concentus Musicus | Erste Aufnahme des 1953 gegründeten Concentus Musicus Wien |
1964 | Johann Sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6 | Concentus Musicus | Durchbruch des Concentus Musicus |
1966 | Johann Sebastian Bach: Johannes-Passion | Wiener Sängerknaben, Chorus Viennensis, Concentus Musicus Wien. Mit Kurt Equiluz, Max von Egmond, Jacques Villisech, Bert van t'Hoff und Siegfried Schneeweis | Erste Aufnahme der Johannes-Passion |
1971 | Johann Sebastian Bach: Das Kantatenwerk | Concentus Musicus Wien, Leonhardt Consort unter Gustav Leonhardt | Beginn der Einspielung aller Bach-Kantaten, die bis 1990 auf 90 LPs veröffentlicht werden |
1971 | Johann Sebastian Bach: Matthäus-Passion | Concentus Musicus Wien, Regensburger Domchor, Cambridge Choir Of King's College. Mit Tom Sutcliffe, Paul Esswood, James Bowman, Kurt Equiluz, Nigel Rogers, Karl Ridderbusch, Max van Egmond, Michael Schopper | Erste Aufnahme der Matthäus-Passion |
1978 | Claudio Monteverdi: L'Orfeo (Video) | Monteverdi-Ensemble des Opernhauses Zürich. Mit Philippe Huttenlocher, Dietlinde Turban, Trudeliese Schmidt, Francisco Araiza, Christian Boesch | Erstes Video einer Opern-Aufnahme (1981 auch als CD erschienen). Regie: Jean-Pierre Ponnelle |
1980 | Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo | Chor und Mozart-Orchester des Opernhauses Zürich. Mit Rachel Yakar, Trudeliese Schmidt, Felicity Palmer, Kurt Equiluz, Werner Hollweg | Erste "Idomeneo"-Einspielung |
1981 | Wolfgang Amadeus Mozart: Thamos, König in Ägypten | Royal Concertgebouw Orchestra und dem niederländischen Kammerchor. Mit Thomas Thomaschke, Janet Perry, Anne-Marie Mühle, Marius van Altena, Harry van der Kamp, Collegium Vocale | Erste Aufnahme mit dem Concertgebouw Orchestra |
1984 | Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonia Concertante, Violinkonzert Nr. 1 | Wiener Philharmoniker. Mit Gidon Kremer, Kim Kashkashian | Erste Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern |
1988 | Mozart and/or Jazz: Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie Nr. 38, Klavierkonzert Nr. 26, Improvisationen Friedrich Gulda und Joe Zawinul (Video) | Chamber Orchestra of Europe. Mit Friedrich Gulda und Josef Zawinul | Aufnahme eines Konzerts am 26. Juli 1988 auf dem Salzburger Domplatz. |
1991 | Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9 | Chamber Orchestra of Europe, Arnold Schoenberg Chor. Mit Charlotte Margiono, Birgit Remmert, Rudolf Schasching und Robert Holl | Aufgenommen im Rahmen der styriarte 1990 und 1991 im Grazer Stefaniensaal. |
1993 | Franz Schubert: Die Symphonien | Royal Concertgebouw Orchestra | |
1995 | Bruckner Symphony No. 3 | Royal Concertgebouw Orchestra | Erste Bruckner-Einspielung |
2000 | Joseph Haydn: Armida | Concentus Musicus. Mit Cecilia Bartoli, Patricia Petibon, Markus Schäfer, Scot Weir, Oliver Widmer und Christoph Pregardien | |
2000 | Franz Schmidt: Das Buch mit sieben Siegeln (Oratorium) | Wiener Philharmoniker, Wiener Singverein. Mit Kurt Streit, Dorothea Röschmann, Marjana Lipovsek, Herbert Lippert, Franz Hawlata und Herbert Tachezi | |
2001 | Johann Sebastian Bach: Matthäus-Passion | Concentus Musicus, Arnold Schoenberg Chor, Wiener Sängerknaben. Mit Christoph Pregardien, Michael Schade, Markus Schäfer, Christine Schäfer, Dorothea Röschmann, Bernarda Fink, Elisabeth von Magnus, Matthias Görne, Dietrich Henschel und Oliver Widmer | Zweite Aufnahme mit dem Concentus Musicus |
2001 | Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2001 | Wiener Philharmoniker | Erster Neujahrseinsatz Harnoncourts |
2001 | Giuseppe Verdi: Aida | Wiener Philharmoniker, Arnold Schoenberg Chor. Mit Cristina Gallardo-Domas, Olga Borodina, Vincenzo la Scola, Thomas Hampson, Matti Salminen, Laszlo Polgar, Dorothea Röschmann, Kurt Streit | |
2003 | Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2003 | Wiener Philharmoniker | Zwei und letzter Neujahrseinsatz Harnoncourts |
2003 | Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9 | Chamber Orchestra of Europe | |
2003 | Anton Bruckner: Symphonie Nr. 9 | Wiener Philharmoniker | Ersteinspielung der kritischen Neuausgabe samt Ersteinspielung der Fragmente des Final-Satzes als Liveaufnahme von den Salzburger Festspielen 2003 |
2006 | Wolfgang Amadeus Mozart: Zaide (Das Serail) | Concentus Musicus Wien. Mit Diana Damrau, Michael Schade, Florian Boesch, Rudolf Schasching, Anton Scharinger, Tobias Moretti | |
2007 | Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte (Video) | Chor und Orchester der Oper Zürich. Mit Matti Salminen, Christoph Strehl, Julia Kleiter, Elena Mosuc, Ruben Drole, Eva Liebau | Aufnahme aus dem Opernhaus Zürich 2007. Regie: Martin Kusej |
2009 | George Gershwin: Porgy & Bess | Chamber Orchestra of Europe, Arnold Schoenberg Chor. Mit Jonathan Lemalu, Isabelle Kabatu, Bibiana Nwobilo | Aufgenommen im Rahmen der styriarte 2009 in Graz |
2009 | Salzburger Festspiele 2009 - Eröffnungskonzert (Video) | Wiener Philharmoniker | Eine Hommage an den Wiener Tanz mit Werken von Franz Schubert und Josef Strauss |
2013 | Ouverture spirituelle - Salzburger Festspiele 2012 mit Wolfang Amadeus Mozart: Missa longa / Litaniae de venerablili altaris sacramento (Video) | Concentus Musicus Wien, Arnold Schoenberg Chor. Mit Sylvia Schwartz, Elisabeth von Magnus, Jeremy Ovenden, Florian Boesch | Liveaufnahme von den Salzburger Festspielen aus dem Dom 2012 |
2013 | Händel/Mozart: Timotheus oder die Gewalt der Musik | Concentus Musicus Wien, Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien | Rekonstruktion des Eröffnungskonzerts der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aus dem Jahr 1812 |
2014 | The Mozart Album: Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzerte KV 491 und 453 und Solowerke | Wiener Philharmoniker und Lang Lang | |
2014 | Mozart: The Last Symphonies | Concentus Musicus Wien | Aufnahme der letzten Mozart-Sinfonien Nr. 39-41, die Harnoncourt als Sinneinheit und "instrumentales Oratorium" begriff |
2014 | Georg Friedrich Händel: Rodelinda (Video) | Concentus Musicus. Mit Danielle de Niese, Bejun Mehta, Kurt Streit, Konstantin Wolff, Malena Ernman, Matthias Rexroth | Liveaufnahme der Premiere im Theater an der Wien 2011. Regie: Philipp Harnoncourt |
2015 | Harnoncourt dirigiert Schubert (Acht CDs und Blu-ray) | Berliner Philharmoniker | Die Symphonien plus die Messen Nr. 5 und 6 sowie die Oper "Alfonso und Estrella" |
2016 | Beethoven: Sinfonien Nr. 4 & 5 | Concentus Musicus Wien | Erste Aufnahme von Beethoven-Sinfonien mit dem Concentus Musicus |
2016 | Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem und Krönungsmesse | Concentus Musicus Wien, Arnold Schoenberg Chor, Choralschola der Wiener Hofburgkapelle. Mit Joan Rodgers, Elisabeth von Magnus, Josef Protschka, Laszlo Polgar |
"Vom Denken des Herzens" nennt die Musikpublizistin Monika Mertl ihre 1999 erstmals erschienene und 2004 überarbeitete Biografie von Alice und Nikolaus Harnoncourt. "Dieses Buch will nicht den Anschein von Objektivität erwecken. So wie Nikolaus Harnoncourt sich zur Subjektivität seines Musizierens bekennt, so bekennt sich die Autorin zur Subjektivität der Eindrucke, die sie hier gesammelt hat", stellt Mertl gleich anfangs klar. Trotzdem oder gerade deswegen ein Standardwerk, das mit Fotos ergänzt und einer Diskografie abgerundet wird.
Monika Mertl: "Vom Denken des Herzens - Alice und Nikolaus Harnoncourt", Residenz Verlag, 408 S., 24,90 Euro
"Being Nikolaus Harnoncourt" hieß 2009 in Anlehnung an den Film "Being John Malkovich" der Titel einer Geburtstagsausstellung im Grazer Stadtmuseum. Durch das "Ohr des Musikers" betrat man eine Folge von fünf Räume und konnte so die Denkräume und Innenwelten des Dirigenten erkunden. Das Begleitbuch zeichnet die Ausstellung nach und ergänzt sie mit weiteren Materialien.
Otto Hochreiter und Mathis Huber (Hg.): "Being Nikolaus Harnoncourt". Mit Beiträgen von Johanna Fürstauer, Reinhard Goebel, Thomas Höft und Margareth Otti, Styria Verlag, 200 S., 19,95 Euro
Wer Harnoncourt verstehen möchte, der greift am besten zu seinen eigenen Aussagen. "Musik als Klangrede" versammelt Essays und Vorträge, in denen der Dirigent eindringlich die Grundprinzipien seiner musikalischen Praxis erläutert. Darin enthalten: der Aufsatz "Zur Interpretation historischer Musik" aus dem Jahr 1954, Harnoncourts erste schriftliche Äußerung zu dem damals höchst umstrittenen Thema.
Nikolaus Harnoncourt: "Musik als Klangrede - Wege zu einem neuen Musikverständnis", Residenz Verlag, 284 S., 18 Euro
Gespräche mit Nikolaus Harnoncourt zählten zu den aufregendsten Begegnungen, die man als Kulturjournalist haben konnte. Seine Ansichten waren immer fundiert, originell - und mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragen. Vom Gesprächspartner erwartete er dasselbe: Bildung, Wachheit, Neugier. "Eine Rückschau in Gesprächen" bietet diese 2014 erschienene Zusammenstellung von Interviews, in denen Harnoncourt immer wieder betont: "Meiner Meinung ist es wichtig, ja lebenswichtig, dass sich alle Leute mit Kunst beschäftigen."
Nikolaus Harnoncourt: "...es ging immer um Musik". Eine Rückschau in Gesprächen, Hg. von Johanna Fürstauer, Residenz Verlag, 318 S., 24,90 Euro
"Gespräche über romantische Musik" versammelt dieser Band, in dem man nicht nur "Von der Heiligkeit der Kunst", sondern vor allem zu Harnoncourts Gedanken zur Beethoven-, Schubert-, Bruckner- oder Strauß-Interpretation eine Menge erfahren kann.
Nikolaus Harnoncourt: "Töne sind höhere Worte. Gespräche über romantische Musik", Hg. von Johanna Fürstauer, Residenz Verlag, 424 S., 19,90 Euro
Texte, Reden und Gespräche zu Harnoncourts Mozart-Sicht versammelt dieser Band. Über Mozart ließ Harnoncourt nichts kommen, über Mozart-Dirigenten sehr wohl. "Ich bin eigentlich immer empört, wenn einer von 'Mozart-Stil' redet, empört über die Arroganz, mit der jemand behauptet zu wissen, was 'Mozart-Stil' ist", wetterte er. Wenn Harnoncourt einmal selbst etwas gefunden hatte, war ihm dies nur Ansporn, beim nächsten Mal nach etwas Neuem zu suchen - auch das zeichnete den großen Musiker aus.
Nikolaus Harnoncourt: "Mozart Dialoge", Hg. von Johanna Fürstauer, Residenz Verlag, 368 S., 19,90 Euro
Dem von Harnoncourt gegründeten Concentus Musicus haben Monika Mertl und der Fagottist Milan Turkovic ein informatives Buch gewidmet, dem auch eine CD beigelegt ist. Spannende und kurzweilige Geschichten erzählen aus den Anfängen des Ensembles, dessen Forschungen die Aufführungspraxis revolutionieren sollten. Die Zukunft dieses auf der ganzen Welt geschätzten Originalklangensembles ist ungewiss.
Milan Turkovic, Monika Mertl: "Die seltsamsten Wiener der Welt - Nikolaus Harnoncourt und sein Concentus Musicus - 50 Jahre musikalische Entdeckungsreisen, Residenz Verlag, 296 S., 29,90 Euro
Proben-Bonmots von Nikolaus Harnoncourt hat Sabine M. Gruber, Sängerin im Arnold Schoenberg Chor, in dem Band "Unmöglichkeiten sind die schönsten Möglichkeiten" gesammelt - eine unterhaltsame, alternative Annäherungsmöglichkeit an die legendäre, bildhafte Denk-und Ausdruckswelt des Dirigenten.
Sabine M. Gruber: "Unmöglichkeiten sind die schönsten Möglichkeiten - Die Sprachbilderwelt des Nikolaus Harnoncourt", Residenz Verlag, 128 S., 14,90 Euro
"Die Opernwelten des Nikolaus Harnoncourt" zeichnet dieses 2009 erschienene Buch nach - mit Aufführungen von Monteverdi, Mozart oder Strawinski. "Die Oper - oder besser: das Musiktheater - soll nicht zugrunde gehen dürfen, solange unsere Kultur existiert", war der Dirigent überzeugt. "Oper hat Zukunft, weil der Mensch das Theater und die Musik, also das Musikdrama, braucht."
Johanna Fürstauer, Anna Mika: "Oper, sinnlich. Die Opernwelten des Nikolaus Harnoncourt", Residenz Verlag, 496 S., 29,90 Euro
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