Dieter Hildebrandt: Er war die Stimme des Zorns und der Menschlichkeit
Ein trauriger Tag, an dem das Lachen Pause macht. Auf die Nachricht von der ernsten Krebserkrankung Dieter Hildebrandts folgte nur wenige Stunden später die Meldung vom Tod des deutschen Kabarettisten in der Nacht auf Mittwoch in München.
Der Mitbegründer der legendären „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“ und brillante Kopf der Sendung „Scheibenwischer“ bis 2003 war 86 Jahre alt.
Sein Freund, der Karikaturist Dieter Hanitzsch, hatte ihn noch kürzlich – lachend im Schlafanzug und mit Kerze in der Hand – gezeichnet, wie er mit dem Finger auf eine Klinik weist und sagt: „Ich muss mal ... zur Reparatur.“
Aber dann ging alles schrecklich schnell.
„Er war ein ganz großer Mann, einmalig in seiner Unbeugsamkeit, in seinem Fleiß, in seiner Kunst, die Dinge zuzuspitzen“, sagte Werner Schneyder über seinen Bühnenkollegen, der das politische Kabarett in Deutschland über Jahrzehnte geprägt hat. „Er war deklarierter Sozialdemokrat, aber aus der Zuneigung zornig, wenn er der Meinung war, dass die Sozialdemokraten ihre Prinzipien verraten oder nicht entschieden genug vertreten. Und privat war er ein bezaubernder, charmanter, geselliger Genussmensch.“
Dieter Hildebrandt: Sein Leben im Rückblick
Im schlesischen Bunzlau geboren, entdeckte er zuerst die Liebe zur Schauspielerei. „Aber ich war nicht groß genug und nicht schön genug, und ich konnte nichts“, sagte Hildebrandt, „deswegen bin ich zum Kabarett gegangen.“
Er hatte eine Vorstellung, wie die Welt aussehen sollte, aber eben nicht aussah. Aus dieser Diskrepanz nährte sich seine messerscharfe Satire, unterfüttert mit Zynismus. Und er wurde immer unduldsamer, was die Ungerechtigkeiten in der Welt angeht.
Seine Art Kabarett konnte herrlich böse sein. Blitzschnell im Kopf, konnte er tagesaktuell Ohrfeigen verteilen zu allen Themen, die das Land bewegten. Der ehemalige Ministerpräsident Bayerns, Franz Josef Strauß, nannte seine scharfe Zunge „politische Giftmischerei“. In Helmut Dietls Kultserie „Kir Royal“ war Hildebrandt der Fotograf neben „Baby Schimmerlos“. Für die missglückte Kino-Fortsetzung „Zettl“ (2012) übernahm er die Rolle noch einmal.
Er hätte uns noch so viel zu sagen gehabt. Aber vieles, was er sagte, und was es gottlob zum Nachhören gibt, ist und bleibt ohnedies von erschreckender Aktualität.
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