"Der Mann am Klavier": Paul Kuhn ist tot

Entertainer Paul Kuhn war der König des Swingjazz mit Charme und Handkuss.

Paul Kuhn ließ gern sein verschmitzt-fröhliches Zahnlückenlächeln strahlen und hatte am Ende immer noch die schnoddrige „Berliner Schnauze“, obwohl er schon seit mehr als drei Jahrzehnten mit seiner dritten Frau Ute in der Schweiz lebte.

In den 70er-Jahren war der kettenrauchende Bigband-Charmeur am Klavier, den alle irgendwann nur noch „Paulchen“ nannten, auch öfter in Wien, um in TV-Shows mit Peter Alexander zu scherzen, aber nur selten wegen seiner „wahren Leidenschaft“, dem Jazz: Dabei habe damit alles für ihn angefangen. Und damit wollte er auch gern „alles beenden.“ In der Nacht auf Montag ist der Sänger, Jazz-Pianist und Bandleader im Alter von 85 Jahren gestorben.

Nachkriegsdeutschland hat der am 12. März 1928 in Wiesbaden geborene Sohn eines Croupiers den Swing quasi mit der Milchflasche verabreicht, wurde dort 1953 zum Jazzpianisten Nr. 1 gewählt und illustrierte akustisch die Wirtschaftswunder-Ära mit Schmonzetten wie „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ und seinem ersten Hit „Geben Sie dem Mann am Klavier noch 'n Bier“.

Der Swing-King

Die Zusammenarbeit mit James Last und Max Greger machte ihn zum gefragtesten Arrangeur der Branche, die alles aufpickt, was sie brauchen kann, von Dixieland und Bossa bis zum Schlager, von Mantovani über Ellington bis Rachmaninow.

"Der Mann am Klavier": Paul Kuhn ist tot
ARCHIV - Der Schlagerstar und Jazzer Paul Kuhn am Klavier (Archivfoto vom 16.10.1997). "Paulchen", wie er schon als Junge genannt wurde, feiert am kommenden Mittwoch (12.03.2008) seinen 80. Geburtstag. Foto: Horst Ossinger (zu dpa-Korr. "Nicht nur der Mann am Klavier - Paul Kuhn wird 80" vom 11.03.2008) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Während seiner Schlager- und Showkarriere arbeitete Kuhn als Arrangeur, Komponist und Produzent unter anderen für Heino und Howard Carpendale. Zu einem der populärsten Entertainer wurde er mit Fernsehshows wie „Pauls Party“ oder „Hallo Paulchen“ an der Seite von Stars wie Peter Alexander, Peter Frankenfeld und Harald Juhnke.

Dass er für Jahrzehnte als Gastgeber von Shows wie „Spiel mit Vieren“ oder „Hallo Paulchen“ und neben Frankenfeld, Kulenkampff und Carrell die TV-Unterhaltung musikalisch möbliert hatte, versuchte er in seinen späten Jahren „ein bisschen unter den Tisch zu kehren“.

Da war er „froh“ über seine „Rückkehr zu den Wurzeln – und spielte nur noch, was er wirklich mochte: Swing der 30er- und 40er-Jahre.

„Eigentlich bin ich ja schon in Pension, nur merkt man’s nicht so“, witzelte Kuhn bei einem Wien-Besuch 2001. Und wenn er einmal zehn Tage lang keine Tasten unter seinen Fingern spürte, wurde er „kribblig“.

Sparsames Spiel

Er wusste, dass ihm die Technik junger Virtuosen fehlte. „Aber ich war auch nie ein Freund der Pianisten, die unbedingt alles ausfüllen wollen, was auszufüllen ist“, sagte er. „Ich mag's lieber luftig: Wenn man mit dem richtigen Timing auch etwas erreicht.“

Sein Lieblingspianist – Hank Jones – spielte genauso, wie er gerne spielen wollte, wenn er gekonnt hätte: sparsam. „Bei ihm ist keine Note überflüssig.“

Er pflegte Musik aus einer Zeit, „als Komponisten noch etwas eingefallen ist“, sagte Kuhn kokett. Songs von Porter, Gershwin, Rodgers und Jobim „mit guten Melodien und guten Texten, harmonisch fabelhaft verpackt“. Zuletzt sah er so schlecht, dass er keine Noten und keine Bücher mehr lesen konnte. Lieber spielte er Klavier. Das machte ihn froh. Noch vor zwei Jahren sagte Kuhn in einem Interview: „Ich mache weiter, bis der liebe Gott mir beim Klavierspielen auf die Finger klopft und sagt: ,Jetzt reicht's!’“

Am Wochenende war es so weit.

Radio-Tipp: In Gedenken an Paul Kuhn ändert Ö1 am Mittwoch, den 25. September sein Programm: In der Reihe "Spielräume" um 17.30 Uhr bringt Mirjam Jessa ein „Salut für den Mann am Klavier“.

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