Bewegende Momente, nachzuempfinden in der Doku "Being James Bond", einer Apple-Produktion, die sich an die 15 Jahre dauernde Ära mit Daniel Craig als James Bond erinnert und Höhen und Tiefen von fünf Filmproduktionen rekapituliert.
Tatsächlich hatte sich Daniel Craig, Jahrgang 1968, gegenüber einer harten Konkurrenz – darunter Clive Owen, Hugh Jackman und Colin Farrell – als Nachfolger von Pierce Brosnan durchgesetzt. Das legendäre Bond-Produzentenduo – Barbara Broccoli und ihr Halbbruder Michael G. Wilson – hatten sich bereits für ihn entschieden, als er selbst noch keinerlei aktive Lust an der Rolle zeigte. Doch die beiden blieben verbissen. Craig rang sich schließlich zu einem Ja durch und feierte seine Entscheidung mit selbst geschüttelten Wodka Martinis und einem dreitägigen Kater.
Als er jedoch am 5. Oktober 2007 der Weltöffentlichkeit als neue Doppel-Null vorgeführt wurde, blieb das Echo verhalten. Craig selbst zeigte sich bei der ersten Pressekonferenz muffig und erntete seitens der Medien wenig Sympathien. Allein die Tatsache, dass er blond war, spornte zur Ablehnung an. Britische Tabloids konnten sich geistreiche Wortspiele wie "James Blonde" und "James Bland" – der "fade" James – nicht verkneifen. Zudem startete im Internet eine Anti-Craig-Kampagne und erschwerte die Dreharbeiten zu seinem ersten Bond-Film, "Casino Royale" (2006) massiv.
Das Blatt wendete sich, als ein Paparazzi-Foto zu zirkulieren begann. Es zeigte den Briten in blauer Badehose aus dem Meer kommen und gab eine herrliche Aussicht auf seinen durchtrainierten Körper frei. Auf einmal konnte sich ihn jeder und jede als neuen Bond vorstellen.
Trotz der schlechten Kampagne im Vorfeld avancierte "Casino Royale" mit rund 599 Millionen Dollar Einspielergebnisse weltweit zum bis dahin größten Bond-Erfolg.
Auch die Kritiken überschlugen sich und lobten den gelungenen Neustart der Serie: Sie zeige James Bond rauer, aber auch emotionaler und verletzlicher als je in der Filmreihe davor; dass Daniel Craig möglichst viele Stunts selbst übernahm und sich im Zuge dessen auch mehrfach verletzte, passte ins Bild.
Im ersten Craig-Bond "Casino Royale" von Martin Campbell muss sich Bond seine Lizenz zum Töten erst durch zwei Auftragsmorde verdienen. Auf die Frage, wie er seinen Wodka Martini gerne hätte – "Geschüttelt oder gerührt" – antwortet er sinngemäß mit "Mir wurscht". Weiters lernt er seine große Liebe Vesper Lynd (Eva Green) kennen, die allerdings im Canale Grande versinkt, und stellt sich erst im Finale namentlich vor, nachdem er seinen Gegner in den Schenkel geschossen hat: "The Name’s Bond. James Bond."
Craig gab später zu, dass er den legendären "Mein Name ist Bond, James Bond"-Satz anfangs gar nicht richtig herausbrachte, ohne wie ein krächzender 15-jähriger zu klingen; er musste ihn unzählige Male wiederholen, ehe er überzeugend cool klang.
Mit „James Bond 007: Ein Quantum Trost“(2008) von Marc Forster ging es etwas holprig weiter.
Richtig Fahrt nahm die Bond-Saga wieder unter der Regie von Sam Mendes und „Skyfall“ (2012) auf. Javier Bardem übernahm die Rolle des charismatischen Bösewichts Raoul Silva und strich dem gefesselten Bond zärtlich übers Knie, was dieser – zur Begeisterung des Publikums – mit einer anzüglichen Bemerkung quittierte.
Am Ende von "Skyfall" wusste Bond nicht nur, wie man Martini trinkt; Naomie Harris hatte als Miss Moneypenny Stellung bezogen, Ben Wishaw die Rolle des Q übernommen und Ralph Fiennes trat die Nachfolge von Judy Dench als M an. Nach drei Jahren Reboot schien Bond wieder der zu sein, der er immer schon war.
Doch dann kam "Spectre" (2015), wieder unter der Regie von Sam Mendes.
"Spectre" setzte alles daran, James Bond – ähnlich wie klassischen Superhelden – eine origin story zu verpassen. Bereits am Ende von "Skyfall" sieht man das Grab von Bonds Eltern, deren Namen zwar schon bei Autor Ian Fleming fiel, allerdings, ohne psychologische Spuren zu hinterlassen. In der neuen Bond-Ära aber sind Psychologie und Traumata großgeschrieben, ganz besonders in "Spectre". Bonds Lieblingsbösewicht Ernst Stavro Blofeld vulgo Franz Oberhauser betritt in Gestalt des Wiener Schauspielers Christoph Waltz den Plan und enthüllt sich selbst als Drahtziehers allen Übels.
Er sei Schuld an allem, was Bond in den letzten drei Filmen Böses widerfahren ist – angefangen vom Tod seiner großen Liebe Vesper Lynd. Und nicht nur das: Blofeld entpuppt sich als Bonds Stiefbruder(!) – eine Nachricht, die wie ein Bombe zünden müsste. Weil sie aber gar so aufgesetzt wirkt und den krampfhaften Versuch darstellt, dem Franchise im Nachhinein eine kontinuierliche Geschichte aufzudrücken, verpufft die Enthüllung mehr, als dass sie erschüttert.
Auch Bond hat dem nichts hinzuzufügen und zieht sich ins Privatleben zurück.
Wie auch immer Daniel Craigs letztes Bond-Abenteuer "Keine Zeit zu sterben" enden mag, sein Nachfolger tritt ein schweres Erbe an.
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