Die allerdings blieben bis dato aus. Zumindest in verbaler Hinsicht. Es folgten zahlreiche (teils hysterisch überzogene) Ausladungen. In Österreich hielten das Wiener Konzerthaus und die Salzburger Festspiele an Currentzis und seinem Ensemble fest. Zwei Mal gastierte man nach Kriegsbeginn noch in Wien, ein drittes Konzert kam nicht zustande. Dieses hätte ein Benefizkonzert zugunsten der Ukraine sein sollen, doch der ukrainische Botschafter in Österreich intervenierte. Kein Geld von Russen! Aber wäre das nicht auch eine Aussage gewesen?
Oder so wie in Salzburg. Hier leitete Currentzis heuer nebst einer Oper die 13. Symphonie von Dmitri Schostakowitsch, also jenes Werk, das eine schallende musikalische Ohrfeige für Diktator Josef Stalin darstellte. Nur hatte dieser das damals glücklicherweise nicht begriffen. Auch eine Aussage?
Egal, die Konzerte mit MusicAeterna liegen vorerst auf Eis. Aber Currentzis – er ist ja auch ein erfolgreicher Parfümproduzent – wäre nicht Currentzis, hätte er nicht sofort etwas Neues im Talon. Ein Orchester nämlich, das auf den Namen Utopia hört und 116 Musikerinnen und Musiker aus 30 Nationen (darunter auch Russland, die Ukraine oder Österreich) vereinigt. Currentzis sieht dies als „internationales Projekt“; als Hauptsponsor wurde die DM Privatstiftung (ja, jene von Dietrich Mateschitz) gewonnen. Und so konnte sich Utopia (Reprise heute, Sonntag) nach Luxemburg und Hamburg nun auch im Konzerthaus vorstellen. Standing Ovations der Currentzis-Verehrer inklusive.
Somit zum Künstlerischen. Wie so oft bei Currentzis – das ist eine Marotte von ihm – mussten die Damen und Herren im Stehen spielen, was bei einem so großen Orchester nicht unbedingt zu einer feinen Klangbalance führte. Man merkte jedoch: Da ist viel Wille dahinter, die Feinabstimmung kann nach so kurzer Zeit trotz schöner Soli noch nicht ganz stimmen. Zumal Currentzis zu Igor Strawinskys „Feuervogel“ trotz vieler Gesten recht wenig zu sagen hatte. Irgendwo zwischen völligem Stillstand (in den lyrischen Passagen) und drastischen, lautstarken Effekten mäanderte seine Interpretation. Die Ansage: „Wir sind jetzt da!“ aber wurde deutlich.
Musikalisch dann vor allem im zweiten Teil bei Maurice Ravels „Daphnis et Chloé“ sowie dessen unerbittlich voran gepeitschtem „La Valse“. Mit Ravels „Boléro“ gab es noch die von vielen heiß ersehnte Zugabe, bei der Currentzis ganz klar machte: Alles für die Zukunft! Nur eine kurzfristige Utopie oder doch ein eher längerfristiges Projekt? Man wird sehen. Spätestens bei Mahlers Dritter 2023.
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