Christos Triumphbogen: In Paris wurde posthum ein Lebensprojekt Wirklichkeit
Video: Verhüllter Triumphbogen in Paris
Auch wenn das Verhüllen von Gebäuden oder Monumenten „total irrational und sinnlos“ sei, wie Christo selbst es einmal formuliert hat: Das Einpacken des Arc de Triomphe in Paris ist mehr als bloß ein Kunstprojekt mit unglaublichen Schauwerten, es ist ein Zeichen des Widerstands, des Durchhaltevermögens, des unbeugsamen Willens.
Die Realisierung des Projekts wurde zwar mehrfach verschoben, und Christo, im Mai 2020 gestorben, kann sie nicht mehr miterleben. Aber sie findet statt – der Pandemie zum Trotz.
Und so ist der Triumphbogen, von Napoleon 1806 nach der siegreichen Schlacht von Austerlitz in Auftrag gegeben, nun ein zweifacher.
Größenwahnsinnige Idee
Christo und seine Frau Jeanne-Claude, beide am 13. Juni 1935 geboren, hatten bereits in den frühen 60er-Jahren die fast größenwahnsinnige Idee, den weithin sichtbaren Arc de Triomphe zu verpacken.
Christo, der Ende der 50er-Jahre von Bulgarien über Prag nach Wien gelangt war, wollte bekanntlich auch den NS-Flakturm im Esterhazy-Park verhüllen.
Doch nicht jedes Projekt ließ sich umsetzen – oder wurde weiterverfolgt. 1985 kleidete das Ehepaar den Pont Neuf – die „neue Brücke“ ist die älteste im Originalzustand erhaltene über die Seine in Paris – und 1995 den Reichstag in Berlin ein. Jeanne-Claude starb 2009, Christo machte allein weiter. 2017 fasste er den Entschluss, den Triumphbogen zu verpacken. Im Jänner 2019 gab Präsident Emmanuel Macron sein Okay.
Eine erste Verschiebung – von April auf September 2020 – war wegen der Falken nötig geworden, die sich eingenistet hatten.
Und dann brach die Pandemie aus. Im April 2020 fiel die Entscheidung, ein Jahr zuzuwarten. Christos Tod änderte nichts: Weil alle Vorarbeiten erledigt waren, kam es doch zur Umsetzung – unter der Leitung von Vladimir Javacheff, dem Neffen des Künstlers. Monatelang wurde der Triumphbogen mit Gestänge eingerüstet, um die Reliefs und Vorsprünge zu schützen. Das Einpacken selbst hingegen dauert bloß eine Woche.
Am vergangenen Wochenende herrschte Prachtwetter in Paris. Tausende Zaungäste standen an den Rändern des Place Charles-de-Gaulle rund um das Nationaldenkmal, von dem aus sternförmig zwölf Avenues, darunter der Champs Élysées, ausgehen.
Silbrig, blau
Sie verfolgten mit, wie Dutzende Klettermaxln die riesigen, riesig langen Bahnen aus Kunststoff – außen silbrig, innen blau – sachte ausrollten und mit Seilen fixierten.
Nach getaner Arbeit standen die Verhüller oben auf der Plattform des Monuments, sie rissen die Arme in die Höhe, und die Zuschauer klatschten begeistert.
Christo arbeitete einst für das Theater; das Einpacken ist daher auch die Inszenierung eines gewaltigen Spektakels – mit 25.000 Quadratmetern Stoff, angeblich wiederverwertbar, als Bühnenbild. War die Verhüllung der Pont Neuf eine Etappe gewesen, so ist der eingepackte Arc de Triomphe das Grande Finale. Und dem Team scheint das Glück hold. Kein Sturm verunmögliche bisher das Vertauen.
Am Samstag wird der Triumphbogen offiziell eingeweiht; in ganzer Pracht zu bewundern sein soll er bis 3. Oktober. Die Besichtigung ist gratis, die Realisierung des 14-Millionen-Euro-Projekts erfolgt ohne staatliche Gelder: Es wird von Christos Stiftung und über den Verkauf von Vorzeichnungen, Collagen und Modellen finanziert.
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