KURIER: Frau Dollhofer, der Verband Filmregie Österreich hat Ihnen gratuliert und betont, dass Ihre Bestellung ein deutliches Zeichen für das „Kino und den mutigen Kinofilm“ setzt. Wir es eine verstärkte Hinwendung zum Arthouse-Kino geben?
Christine Dollhofer: Zur inhaltlichen Ausrichtung möchte ich noch nicht viel sagen. Nur soviel: Es gibt ein Filmfördergesetz mit Richtlinien, in denen klar festgehalten wird, dass der Fonds eine Kulturförderung ist und es um künstlerischen Film geht. Mein Credo lautet: Regional agieren, international ausstrahlen. Aber ich will jetzt noch nicht über konkrete Konzepte reden. Ich möchte an dieser Stelle Gerlinde Seitner gratulieren, die den Fonds bisher leitete und ihn wirklich gut aufgestellt und zukunftsfit gemacht hat.
Worin liegen die Stärken des Filmfonds Wien?
Ich glaube, es ist wirklich großartig, dass sich Wien einen so gut dotierten Filmfonds leistet, der natürlich auch die Filmwirtschaft in der Stadt stärkt und eine vielgestaltige Medienlandschaft ermöglicht – vom innovativen Kinofilm bis hin zu österreichischen Publikumshighlights und Fernseharbeiten. Es ist ein Boost für die Branche.
Was könnte der Filmfonds der Branche in der COVID-Krise helfen?
Man wird nicht von heute auf morgen Reglements umschreiben. Ich glaube, für eine Förderinstitution ist es das wichtigste, in die Branche hineinzuhören, mit den Filmkreativen ihre Bedürfnisse zu besprechen und dementsprechend Maßnahmen zu setzen.
Der Filmfonds fördert Film, aber auch Fernsehen. Wie sieht es mit Streaming aus?
Die große Chance ist: Content ist gesucht. Es wird eine wichtige Herausforderung sein, dass Österreich da andockt. Es gibt ja schon einige Beispiele, die produziert wurden – von „Freud“ bis „Vienna Blood“. Hinzu kommt die deutsch-österreichische Mozart-Serie, die gerade von der österreichischen Satel-Film produziert wird. Wir alle wissen, dass Serien große Budgets brauchen. Um wichtige Stakeholder nach Österreich zu holen, braucht es Steueranreize. Wie kann man eine dritte Säule für die Entwicklung von Serien gewährleistet? Das kann man nur im Verbund, etwa gemeinsam mit dem ÖFI angehen – und da wird es sicher vertiefende Gespräche geben.
Im ÖFI gibt es heftige Debatten zur Quotenregelung. Wie sieht Gender-Gerechtigkeit im Filmfonds aus?
Im Filmfonds Wien wurde in der Hinsicht schon einiges getan, aber die 50-50-Quote ist noch nicht gewährleistet. Die gute Nachricht ist, dass die Branche im Ziel sehr geeint ist – mehr Gender-Gleichheit und Diversity zu erwirken. Über den Weg dorthin gibt es unterschiedliche Vorschläge. Ich bin auf jeden Fall dafür, dass zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, um mehr Gender-Gerechtigkeit zu gewährleisten.
Auf globaler Ebene verändern sich derzeit rasant die Verwertungsstrategien, große Studios bringen ihre Filme zeitgleich im Kino und auf Video on Demand (VOD) heraus. Was bedeutet das für die Kinolandschaft?
Das hat wie alles positive und negative Aspekte. Ich glaube, die großen Blockbuster werden immer auch eine Kinoauswertung haben, weil mit Einzeltickets das meiste Geld zu machen ist. Ein James-Bond-Film wird sicher zuerst im Kino laufen. Kleinere Produktionen wird man im Kino und auf der Streamingplattform oder nur auf einer Plattform starten. Für die Programmkinos oder Miniplexxe wird das sogar positiv sein, weil sie nicht mehr an lange Verträge gebunden sind. Sie werden flexibler und haben dadurch auch für andere Arbeiten mehr Luft. Vielleicht gibt es ja auch mehr Platz für österreichische Filme.
Wie sehen Sie insgesamt die Situation der heimischen Filmbranche?
Grundsätzlich sehe ich die große Chance, dass spannende, originäre Stoffe aus Österreich international gut funktionieren, wenn sie künstlerisch qualitätsvoll und auf eine Zielgruppe ausgerichtet sind. Große-Gemeinsame-Nenner-Filme werden es auf dem Markt schwer haben. Man muss mit einer eigenen Handschrift und Alleinstellungsmerkmalen arbeiten, denn der Wettbewerb ist unglaublich hart. Für mich wäre ein sehr wichtiges Thema, wenn die Pandemie wieder abgeklungen ist: Dass es mehr internationale Vernetzung mit österreichischen Kreativen und Produktionsfirmen gibt. Und natürlich wollen wir alle die künstlerisch wertvollsten Filme produzieren. Jede Förderung ist eine Wette in die Zukunft. Jeder versucht, nach bestem Wissen und Gewissen das beste Ergebnis zu erzielen. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein – von der Fördergeber- und von der Branchenseite.
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