„Ein Mädchen kann nicht Dichterin werden“, hatte ihr der Vater gepredigt. Sie wurde es trotzdem. Arbeitete sich von der Putzfrau zur Bürogehilfin hoch und veröffentlichte mit nicht einmal 20 Jahren erste Gedichtsammlungen. Sie wurde so berühmt, wie sie es sich als Mädchen erträumt hatte.
Das persönliche Glück konnte mit dem beruflichen Erfolg nicht Schritt halten. In ihrer Kopenhagen-Trilogie „Kindheit“, „Jugend“ und „Abhängigkeit“, die im deutschen Sprachraum vor einigen Jahren wiederentdeckt wurde, beschreibt Ditlevsen ausführlich, was sie der Versuch, ein autonomes Leben zu führen, kostete.
„Kindheit“ beginnt mit den Worten „Am Morgen war die Hoffnung da“. Natürlich ist die Hoffnung nur ein flüchtiger Gast im Hause Ditlevsen, wo es Kinderglück nur bei der Heilsarmee gibt.
Ditlevsen wird oft von der eigenen Biografie Gebrauch machen. „Schreiben heißt, sich auszuliefern“. Medikamenten- und alkoholsüchtig, kann sie selbst in der Entzugsklinik nicht ohne Schreibmaschine sein, obwohl ihre zitternden Finger kaum die Tasten treffen, wie ihre Übersetzerin Ursel Allenstein schreibt. Ditlevsen bleibt kompromisslos, unsentimental, und, kaum zu glauben, humorvoll.
So auch im Kurzgeschichtenband „Böses Glück“, wo sie von eigenen und fremden Versuchen, der gesellschaftlichen Vorbestimmung eins auszuwischen, berichtet. Knapp, lakonisch, scharf beobachtend.
Wunderbar böse etwa die Erzählung „Die Katze“, in der sich ein Paar schweigend hasst und schließlich wegen einer zugelaufenen Katze in den Haaren liegt. Er findet das Tier unhygienisch, sie sieht in der Katze einen Kinderersatz. Am Ende wird er, um dem unausgesprochenen, aber gerade deshalb umso heftigeren Zorn der Gattin zu entkommen, nachts durch die Büsche kriechen, um das Tier, das er hinausgeschmissen hat, wiederzufinden.
Mit Sylvia Plath hat man Ditlevsen verglichen, allein schon der Äußerlichkeiten wegen zutreffend. Beide schön und vielversprechend, setzten ihrem Leben früh ein Ende. Natürlich drängt sich auch der Vergleich mit Annie Ernaux auf – beiden gelang der Aufstieg aus der Arbeiterklasse. Letztlich aber geht es auch hier um Virginia Woolfs berühmtes „Zimmer für sich allein“: den Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben – für das mitunter ein hoher Preis zu bezahlen war.
Ditlevsen war bereit, ihn zu bezahlen. Ihre Kurzgeschichtensammlung schließt mit den Worten: „Kämpf für alles, was dir lieb ist.“