Nach drei Jahren fast ohne Niederschlag in Kalifornien, was Sie auch in Ihrem Roman beschreiben. Eine apokalyptische Geschichte. Sie schreiben, wir würden gerade die „letzten Tage des Anthropozän“ erleben.
Ich habe vieles schon in meinem 2000 erschienenen Roman „Ein Freund der Erde“ vorausgesagt. Extreme Wetterereignisse, Aussterben von Arten und eine Pandemie. Schon in den 90ern habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen. Und jetzt – here we are. Alles ist eingetreten. Jetzt müssen wir uns Gedanken machen, wie wir damit leben. Wir werden uns den neuen Gegebenheiten anpassen müssen.
Sie schreiben seit Jahren Bestseller über den drohenden Klimakollaps. Verstehen die Menschen Sie nicht?
Ich schreibe nicht, um die Welt zu verändern. Ich bin Künstler und ich schreibe über das, was mich berührt. Ich war immer schon von den Grundfragen des Lebens besessen: Wer sind wir und warum sind wir hier? Das führt unweigerlich zu einer Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass wir Tiere sind, die gemeinsam mit anderen Tieren auf diesem geheimnisvollen Planeten leben. Fiktionales Schreiben ist aber natürlich auch eine Art Verführung, bei der man den Lesern gestatten muss, ihre eigene Sichtweise zu entwickeln.
„Blue Skies“ ist Eco-Thriller, aber auch Gesellschaftssatire über einen bestimmten American Way of Life.
Ja, auf jeden Fall. Eine Satire, die zugleich bewegt und Spaß macht. Das ist mein Modus Operandi, das kann man in den meisten meiner Romane beobachten.
Ist das Ihre Art, unerträgliche Wahrheiten ein bisschen erträglicher zu machen?
Das liebe ich! Das sollte man als Klappentext meines Buches verwenden!
Nur zu, ich schenke Ihnen den Satz.
Danke. Tatsächlich ist das mein Ding. Das Unerträgliche erträglich machen. Im Lauf meines Romans bin ich draufgekommen, dass nicht alles nur schlimm ist. Es gibt immer wieder Höhen und Tiefen, so wie in jedem Leben.
Aber die Geschichte mit der Schlange ist schon ein echter Tiefpunkt.
Ein Journalist sagte zu mir, ein Buch mit einer Schlange in einem Sack zu beginnen, ist wie Tschechows Gewehr. (Anm: Eine literarische Technik, bei der ein Element in die Geschichte eingeführt wird, dessen Zweck nicht gleich klar ist, das aber später eine Rolle spielen wird.) Bei der Schlangengeschichte geht es natürlich um den unangemessenen Umgang mit exotischen Tieren und das Aussterben von Arten im Allgemeinen. Insbesondere haben mich Studien über das weltweite Insektensterben zu diesem Buch inspiriert. Wenn man an die Nahrungskette denkt, ist das ziemlich beängstigend. Ich hab mich für dieses Buch intensiv mit Insektenkunde beschäftigt. Es ist zwar Fiktion, aber ich will doch, dass die Fakten stimmen.
Sie posten viel auf Twitter. Über Umweltthemen, Politik, aber auch Katzenfotos und anderes Privates. Warum tun Sie das? Wollen Sie der Welt etwas mitteilen? Oder kommunizieren Sie einfach gern?
Ein bisschen von allem. Vor allem aber, weil es mir Spaß machen. Ursprünglich hat mir mein Verleger dazu geraten und jetzt genieße ich es sehr. Ich folge niemandem, ich schicke nur Botschaften in die Welt. Meist über mein Alltagsleben, immer mit Foto. Das gibt mir Gelegenheit, die Welt in ihrer Schönheit und Merkwürdigkeit mit allen zu teilen. Mein Twitter ist ein kleiner gemütlicher Bereich für Leute, die meine Bücher mögen. Das normale Twitter allerdings, jenes, wo jeder jeden Arschloch nennt, das erspare ich mir.
Kleben sich Menschen in Kalifornien eigentlich auf die Straße?
Ja, klar. Aber ich will noch was zu Twitter sagen. Es ist mir wirklich wichtig, dass der Ton immer angemessen bleibt. Das ist dasselbe wie in meinen Creative-Writing-Kursen. Es ist okay, zu kommentieren. Aber niemals in einer herabwürdigenden Art.
Unterrichten Sie noch?
Nein, das hab ich 37 Jahre gemacht, das ist jetzt vorbei. Es war ohnehin nur ein Hobby für mich. Ich habe Englisch studiert und so wunderbare Dinge von meinen Lehrern gelernt, dass ich das Bedürfnis hatte, etwas zurückzugeben. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie, bin nie aufs College gegangen. Den Lehrern, die mir Chancen gaben und mich förderten, bin ich ewig dankbar. Für mich ist aber jetzt Schluss mit Unterrichten, allein schon deshalb, weil mir die langen Fahrten zu mühsam geworden ist. Ohne Hörbücher hätte ich das nicht überlebt.
Was hören Sie am liebsten?
Meistens hol ich mir aus der Bücherei Klassiker, die ich schon lange wieder lesen wollte. Am wichtigsten ist der Erzähler. Ich habe übrigens viele meiner Romane selbst als Hörbuch aufgenommen, weil mir das solchen Spaß macht. Es ist allerdings sehr anstrengend. Wesentlich mehr, als wenn ich auf der Bühne stehe. Wenn ich so allein in einem Aufnahmestudio sitze, dann kippe ich total auf die Geschichte rein, das wird dann manchmal sehr emotional.
Es sollte allerdings wirklich nicht jeder Autor seine Bücher selbst lesen. Die wenigsten sind gute Vortragende.
Die meisten sind eben keine Performer. Ich hingegen schon. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, ich hab in einer Band gesungen, ich mag die Show. Es ist allerdings schon so, dass ich, wenn ich einen Autor mag, auch seine Stimme hören will, auch wenn er kein guter Vortragender ist. Raymond Carver etwa war sehr scheu, aber ich hab ihm gern zugehört. Oder John Cheever: Was für ein fürchterlicher Vortragender! Kein Timing, nichts! Aber ich liebte seine Lesungen. Er war, neben John Irving, einer meiner Mentoren auf der Universität.
Welche Schriftsteller haben Sie in Ihren Creative-Writing-Klassen zu lesen gegeben?
Zeitgenössische. Ich hab 2005 dazu auch eine Anthologie namens Double Takes herausgegeben. Ganz verschiedene Geschichten. Flannery O’Connor, Jorge Luis Borges, David Foster Wallace, E. L. Doctorow, sogar zwei von Roald Dahls Erwachsenengeschichten. Alles Mögliche.
Was sagen Sie zur Diskussion um Roald Dahls Kinderbücher? Manche meinen, man müsse sie umschreiben, weil es darin problematische Ausdrücke gebe.
Das ist wirklich obszön! Bücher umschreiben, nachdem der Autor gestorben ist und nicht mehr mitreden kann – völlig absurd! Die Bücher und Geschichten existieren in ihrer Zeit. Wenn das jemand beleidigend findet, dann muss er es nicht lesen. Es gäbe keine Literatur mehr, wenn man jetzt alles desinfizieren würde. Einfach lächerlich, diese Diskussion.