Autor Mosebach: „Ich würde als Politiker alles falsch machen“

Autor Mosebach: „Ich würde als Politiker alles falsch machen“
Der Schriftsteller Martin Mosebach sagt, warum er sich im Gegensatz zu anderen Autoren niemals politisch erklären würde. Und wo er Gefahr für die Literatur ortet, sich zu blamieren

Martin Mosebach ist ein seltenes Exemplar. Er gilt als konservativer Schriftsteller. Warum eigentlich? Ein Gespräch über Traditionsverfall und erfundene Biografien.

KURIER: Sie waren nun in Wien, um über Ihr jüngstes Buch zu sprechen, und zwar im Rahmen eines Salons, wie sie früher bei gut situierten Bildungsbürgern üblich waren. Genau das Milieu, über das Sie oft schreiben.

Martin Mosebach: Das Personal in meinen Büchern entstammt tatsächlich meist einer liberalen westdeutschen Bourgeoisie. Aber ich schreibe keine soziologischen Romane. Ich betrachte meine Figuren nicht als Repräsentanten eines Milieus, sondern als Einzelwesen. Unter „Liberaler Bourgeoisie“ kann man viel verstehen, das entspricht ihrem hoch entwickelten Individualismus.

Aber genau in diesem Individualismus steckt auch ein politisches Konzept.

Er ist weniger ein Konzept als das Ergebnis eines Traditionsverfalls, einer Atomisierung der Gesellschaft, einer Auflösung der alten Bindungen. Sie sagen, Sie machen keine gesellschaftspolitischen Analysen. Liegt darin einer der Gründe, warum man Ihnen vorwirft, ein konservativer Autor zu sein?

Dieser Vorwurf beruht auf einer naiven Lektüre, die sich immer nur an die Stoffe klammert. Aber die sind für mich nicht so wichtig. Ich nehme einfach Geschichten, die mir zufallen und für die ich mich aus meiner Erfahrung verbürgen kann – die stammen in meiner Heimatstadt Frankfurt eben aus dieser eher bürgerlichen Welt. Die meisten Schriftsteller berichten aus ihrer nächsten Umgebung. Die großen Autoren, Tolstoi und Proust, haben das nicht anders gemacht. Sie sind in ihrem Garten geblieben und haben daraus erzählt.