Das Deutsch-Department der Universität von Grinnel, einer Kleinstadt, umgeben von nichts als Maisfeldern, hat sie eingeladen, Studenten das Thema Humor näherzubringen. Als Gast hat Sargnagel die Berliner Songwriterin und Autorin Christiane Rösinger mit dabei, legendäre Szenefigur und Gründerin der Band Lassie Singers. Außerdem Idol der 25 Jahre jüngeren Sargnagel, die in den Neunzigern im Kinderzimmer vor dem Radio saß und darauf wartete, dass FM4 ein Lied der Lassie Singers spielen würde.
Heute touren sie gemeinsam – zusammen mit der Performerin Denice Bourbon treten sie als „Legends of Entertainment“ auf und Sargnagel befindet: „So wie ich die Königin von Wien bin, denke ich mir, ist Christiane die Königin von Berlin. Wir sind die Royals, die Speerspitze feministischer Kunst.“
Derart selbstbewusst geht es im vorliegenden Ausflugsprotokoll nicht durchgehend weiter. Sowohl Sargnagels Entdeckung der USA als auch ihr Verhältnis zur älteren Freundin haben inmitten aller Schnoddrigkeit immer wieder fast rührende Momente des Bewunderns und des Staunens. Amerika – es ist tatsächlich so, wie in den Vorabend-TV-Serien!
Dominierender Ton ist das frech-flapsige Plaudern, das viele von Sargnagels meist auf Social Media geäußerten Alltagsbeobachtungen kennen. Wobei hier nicht nur viel geredet, sondern auch viel gesagt wird. Schlaues, Sozialkritisches – und oft sind’s auch einfach bloß gute Infos aus dem Gemischtwarenladen der (Pop-)Kultur, mit denen Sargnagel die Leser versorgt: Dass Mick Jagger die Background-Vocals zu Carly Simons Song „You’re so vain“ sang und dabei eigentlich kaum zu hören ist; dass Mark Twain den Struwwelpeter übersetzt hat und dass sich in den USA regelmäßig Tausende zum Hummelfiguren-Tauschen treffen.
Wenn sie sich verrennt, ist glücklicherweise der 60+-Punk Rösinger da. Live oder in später angefügten Rand-bemerkungen rückt sie Dinge zurecht, äußert sich altersgemäß kulturpessimistisch und pfeift auf jugendliche Korrektheit, indem sie die Freiheit des Rauchens und des Autofahrens verteidigt. Als sie abreist, fehlt sie nicht nur der Erzählerin, sondern auch den Lesern: Ohne Rösinger neigt Sargnagel zu allzu großer Detailfreudigkeit.
Der Anfang vom Abschied ist einer der gelungensten Momente dieses Buches: Ein Ausflug an den Mississippi samt Pelikan-Landung. Zarte Anflüge von magischem Realismus – das kann Sargnagel also auch.