Christiane Rösinger: "Was ist die Alternative? Sterben?"

Christiane Rösinger stellt im Wiener Brut ihr neues Soloalbum vor.
Christiane Rösinger, Gründerin der Lassie Singers, gastiert heute Abend mit "Lieder ohne Leiden" im Brut.

Die 56-jährige Berlinerin Christiane Rösinger hält sich seit 30 Jahren als Autorin und Musikerin über Wasser – zuerst mit den Lassie Singers, dann mit der Band Britta, zuletzt solo und in Begleitung von Ja, Panik-Mastermind Andreas Spechtl, mit dem sie nun ihr zweites Soloalbum veröffentlicht hat.

"Lieder ohne Leiden" , so der Albumtitel, ist als Vorsatz zu verstehen: Rösinger wollte nach "Songs of L. And Hate" (2010) beschwingter, lebensbejahender und mehr nach Sixties klingen. Aber so einfach war das nicht, denn Traurigkeit gehöre bei ihr einfach zum Songwriting. "Sonst gibt es für mich keinen Grund, Lieder zu schreiben", sagt sie im KURIER-Interview.

KURIER: Nach Ihrem Solodebüt "Songs of L. And Hate" aus dem Jahr 2010 haben Sie sich zurückgezogen. Warum?

Christiane Rösinger: Ich hatte genug von der Musik. Sich finanziell damit über Wasser zu halten, ist extrem schwer. Mit zunehmendem Alter hatte ich auch das Gefühl, dass im Kulturbetrieb alles immer schwieriger wird.

Ist das auch der Grund, warum Sie nun als Deutschlehrerin bei der Volkshochschule tätig sind?

Ich wollte nach 30 Jahren als Musikerin und freiberufliche Journalistin endlich eine richtige Arbeit haben – mit regelmäßigem Einkommen und Kollegen. Angefangen hat das Ganze aber ehrenamtlich: Ich habe Flüchtlingen Deutschunterricht gegeben. Das hat mir Spaß gemacht und ich wollte das professionell fortsetzen. Und so bin ich bei der Volkshochschule Berlin gelandet. Jetzt muss mich endlich die Musik nicht mehr ernähren – das erspart mir viele schlaflose Nächte.

Sie haben darüber auch ein Buch geschrieben: "Zukunft machen wir später. Meine Deutschstunden mit Geflüchteten". Wie herausfordernd war der Unterricht?

Da ich bis dahin kaum Berührungspunkte mit Flüchtlingen hatte, dachte ich, dass die Arbeit traurig und belastend sein wird, denn diese Menschen haben ja eine schwierige Vergangenheit. Wir haben dann aber sehr viel Spaß miteinander gehabt.

Sie leben seit 30 Jahren in Berlin Kreuzberg, ein Stadtteil, der sich vom Hippie- zum Hipster-Kiez entwickelte. Welche Probleme sind damit verbunden?

In Berlin war das Thema Wohnen noch nie so groß wie heute. Viele Menschen haben Angst, dass sie sich ihre Wohnung bald nicht mehr leisten können. In Berlin haben nur jene eine Sicherheit, die sich eine Eigentumswohnung kaufen können. Aber wer kann sich das heutzutage noch leisten? Das andere Problem sind die Party-Touristen.

Der Grund, warum Sie sich ein Kleingartenhäuschen am Berliner Stadtrand zugelegt haben?

Ja, weil dort gibt es keine Touristen und keine Hipster, die mit ihren blöden Brillen, Jogginghosen, Frisuren und Modehunden durch die Straßen ziehen. Für mich ist der Kleingarten Erholung pur – ein Ausgleich zum städtischen Leben. Ich kann dort in aller Ruhe den Karotten beim Wachsen zusehen (lacht).

"Joy of Ageing" heißt ein Song auf dem neuen Album. Wie sehr macht Ihnen das Älterwerden Spaß?

Spaß ist übertrieben. Es geht im Song darum, dass man aufhören sollte, über das Älterwerden zu jammern. Viele Frauen beschweren sich ständig über ihre Falten und sagen: "Die Männer schauen uns nicht mehr an." Aber was ist die Alternative? Sterben? Das will man auch nicht. Also muss man das Älterwerden akzeptieren.

Sie würden sich also keiner Botox-Kur unterziehen?

Um Himmels Willen: nein! Die Leute, die das machen, denken zwar, dass sie danach schöner aussehen. Aber das Gegenteil ist der Fall: Sie sehen total entstellt aus.

INFO: Christiane Rösinger mit Band – heute (11. April) live im Wiener Brut.

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