Der alte Knacker lässt es krachen

Auf Gangsterjagd in Moskau: Willis mit „Komarov“ Sebastian Koch.
Der US-Star lehrt im fünften Teil von "Stirb langsam" sogar die Russen das Fürchten.

Da sitzt er im cremeweißen Kaschmirpullover vorn auf dem Podium im total überfüllten Saal des Berliner Hotels Adlon und feixt. Pariert frech alle Fragen, witzelt herum, zieht seine – zugegeben wirklich gute – Pressekonferenz-Show ab. Bruce Willis ist ein Hollywood-Star aus dem Bilderbuch. Einer, der nach 30 Jahren im Geschäft weiß, wie er sich inszenieren muss. Keine Yippie-Ya-Yeah-Dumpfbacke, sondern ein Profi durch und durch.

Vier Stunden später, ebenfalls im Hotel Adlon: Willis hat sich zurückgezogen, weil er das viele Reden schon satt hat. Die verbliebenen Journalisten, die auf Interviews warten, bangen, ob er zurückkommen wird.

Da erscheint er zu aller Erleichterung, im Schlepptau seine Frau Emma und die neun Monate alte Tochter Mabel. Er herzt das Kind, busselt Emma, kann sich kaum trennen. Aus dem toughen Bruce Willis ist ein schnurrender Softie geworden.

Ein Softie

„Ja, ich bin ein Softie“, bestätigt er, als könnte er die Gedanken der Umstehenden lesen. „Ich kann mich doch gegenüber meiner Familie nicht so benehmen wie John McClane. Es reicht mir schon, dass alle meine Verrücktheiten tolerieren.“ Wunschlos glücklich mache ihn sein Fünfmäderlhaus: „Sie geben mir viel Kraft. Wenn sie um mich herum sind, geht es mir gut.“ Selbst die Tatsache, dass „ständig die Boyfriends meiner drei großen Töchter bei uns herumhängen“, störe ihn nicht. „Ich bin ein besserer Mensch, wenn alle da sind.“

Seit 1988, seit dem ersten „Stirb langsam“-Teil, schlüpft Mr. Willis in die Rolle des kultigen und gar nicht zimperlichen Detective John McClane, der mit harter Hand und schweren Waffen die Welt von üblen Gesellen befreit.

„Ich hab’ mich in die Rolle erst gar nicht so hineingesteigert, weil ich ja nicht wusste, ob es jemals einen zweiten Teil geben wird.“

Über die Wirkung seiner Figur habe er sich nie Gedanken gemacht: „McClane ballert herum, springt von Häusern in die Tiefe, bietet großes Spektakel. Er ist vor allem eine Figur, die fiktiv ist und die Leute unterhalten soll.“ Über Vorwürfe, seine Rolle sei gewaltverherrlichend, ärgert sich Willis: „Die Leute wollen doch sehen, dass ein Held an seine Grenzen geht. Das ist so, wie wenn man in einer Hochschaubahn sitzt und in der steilsten Kurve das Gefühl hat, aus dem Wagen geschleudert zu werden. Wenn man an seine Grenzen geht. Das ist ein tolles Gefühl. Nein, es ist schon etwas anderes als ein Actionfilm, das die Leute verrückt macht. Die können schon unterscheiden zwischen Spaß und Realität.“ Er selbst habe auch sein Leben lang Actionfilme und Western geliebt, Typen wie Steve McQueen und John Wayne. „Liebe ich deshalb Gewehre und das Schießen? Nein, tu ich nicht.“

Daddy Cool

In „Stirb langsam 5“, das am Valentinstag in den heimischen Kinos anläuft, ist Willis nicht nur in Russland im Einsatz, er ist auch Vater geworden: In Moskau trifft er auf seinen entfremdeten Sohn Jack (gespielt vom ambitionierten Australier Jai Courtney), der verdeckt für die CIA arbeitet.

Die Einführung eines jungen Co-Helden sorgte freilich gleich für Gerüchte um Amtsmüdigkeit des 57-jährigen Willis. Der dementiert auf seine Weise: „Ich sehe schon einen alten Knacker mit einem Arm, der nur mühsam sein Gewehr halten kann, vor mir. Ach, ich weiß nicht, was in ein paar Jahren sein wird. Ich spiele die Rolle jetzt seit 25 Jahren, und ich denke nicht darüber nach, ob es noch weitergeht. Obwohl, naja, einen Teil würde ich noch gern machen.“

Überhaupt sei er nicht der Mann für große Pläne: „Nein, die hatte ich noch nie. Bei mir hat sich immer alles ergeben, und dabei hatte ich viel Glück. Der einzige Plan, den man so nennen kann, war, dass ich als junger Hüpfer nach New York ans Theater ging. Ich habe dort gespielt und gespielt und bin irgendwann bei einem guten Agenten gelandet. Dann bin ich nach Kalifornien gefahren, weil ich mir die Olympischen Spiele ansehen wollte. Plötzlich hatte ich auch dort einen Agenten, der mich zu Auditions schickte. Eine war für „Moonlighting“ (die Erfolgsserie „Das Model und der Schnüffler“, Anm.) – na gut, dann hab’ ich eine Weile Fernsehen gemacht. Dann kam der erste Teil von ,Stirb langsam‘, und von diesem Zeitpunkt an hatte ich gar keine Pläne mehr. Die Dinge kommen oft auf überraschenden Wegen auf dich zu.“

Zum Schluss des Interviews lässt Willis, der sich sehr zurückgenommen hat – „Ich muss weniger reden, sonst rede ich viel Blödsinn“ – doch noch seine Keckheit aufblitzen.

„Sprechen Sie eigentlich Deutsch? Sie sind ja in Deutschland geboren und haben eine deutsche Mutter“, fragt eine deutsche Journalistenkollegin. „Yes, I do“, sagt er. Sonst nichts.

Und grinst übers ganze Gesicht.

Dass er gut ist, das war bei Sebastian Koch schon lange sichtbar: In TV-Events, die ein Millionenpublikum vor die Bildschirme lockten, spielte sich der Stuttgarter in die Herzen der Menschen. Zwei Mal wurde er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Für die Titelrolle in „Der Tanz mit dem Teufel – Die Entführung des Richard Oetker“ und für seinen Rolle in „Die Manns“. Das war 2002, es folgten Fernsehhighlights wie „Der Tunnel“, „Stauffenberg“ und Heinrich Breloers „Speer und Er“.

Dann spielte Koch in Florian Henckel von Donnersmarcks oscargekröntem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ und wurde zum internationalen Star. „Vor zehn Jahren war das deutsche Fernsehen noch besser als deutsches Kino“, stellt der 50-Jährige fest, „heute ist es eine Schablone. Es hat keine Kraft mehr. Energie wird nur mehr in Serien gesteckt.“

Jetzt gilt für ihn die Devise: „Wenn’s ein gutes Drehbuch gibt, bin ich dabei. Egal, wo“. Wobei ihm Sets wie jener von „Stirb langsam 5“, wo er einen russischen Wissenschaftler spielt, nicht ganz geheuer sind: „Da reden so viele Leute mit. Ich drehe genauso gern mit Götz Spielmann an seinem kleinen feinen Film.“

Kommentare