Das (wahrscheinlich) kleinste Theater der Welt: Während Corona gibt's Flaschenpost
Als zu Beginn der Coronakrise Veranstaltungen ab 100 Besuchern abgesagt werden mussten, hatte das auf das Klagenfurter Jugendstiltheater noch keine Auswirkung. Die umstrittene 20-Quadratmeter-pro-Person-Regel für Kulturbetriebe ist da schon schwerer umzusetzen: Schließlich ist das Theater gerade einmal halb so groß.
Seit 2012 betreiben Felix Strasser und Yulia Izmaylova mit ihrem Verein zur Anregung des dramatischen Appetits (VADA) das Haus am Villacher Ring in Klagenfurt – ein Pavillon, der früher als öffentliches Pissoir diente und in dem zwischenzeitlich auch ein Eissalon untergebracht war.
Mittlerweile gibt es hier auf kleinstem Raum regelmäßig Theatervorführungen zu sehen, durch die unmittelbare Nähe zum Publikum in besonderer Atmosphäre. Die Produktionen von VADA entstehen meist collageartig aus Buch- und Filmzitaten. Das Jugendstiltheater veranstaltet aber auch Lesungen, Ausstellungen – einmal gab es sogar ein Heavy-Metal-Konzert.
Keine Alternative
Momentan muss das Haus wegen Corona geschlossen bleiben. Auch wenn sie gerade nicht auf der Bühne stehen können, auf einen Live-Stream als Alternative wollen die „Vadaisten“, wie sich die VADA-Gründer selbst nennen, aktuell nicht umsteigen. „Wir haben uns einige Möglichkeiten näher angeschaut, aber beim Filmen geht doch viel verloren. Gerade bei uns ist es recht wichtig, dass man sehr nahe dabei ist. Deshalb ist das keine wirkliche Alternative für uns“, erklärt Strasser im Gespräch mit dem KURIER.
Die derzeitige Situation sei eine Umstellung, von Langeweile sei man jedoch weit entfernt: „Wenn man es gewohnt ist, eine gewisse Anzahl von Auftritten zu haben, kommt natürlich der Adrenalinhaushalt ein bisschen durcheinander. Aber nachdem die Auftritte ja nicht das Einzige sind, was wir machen, haben wir trotzdem recht viel zu tun.“
Im Packeis
So hat VADA gemeinsam mit dem Verein Unikum das Internetprojekt „Flaschenpost“ gestartet, das sich rund um ein digitales, im Packeis feststeckendes Schiff dreht. Wer sich auf der Webseite durch Kombüse, Maschinenraum und Kojen klickt, entdeckt da Videos, Texte und andere Beiträge verschiedener Künstler.
Die Polar-Thematik passe durchaus zur aktuellen Lage, findet Strasser: „Da geht es auch um Stillstand, um dieses Eingeschlossensein und Abwartenmüssen. Und es besteht auch die Gefahr, die metaphorisch gut dazu passt, dass einem während des polaren Winters die Kohle ausgeht.“ Weswegen man die Passagiere auch mit Kohlespenden unterstützen kann.
Am Weg zum Weltrekord
Ein anderes Projekt des Jugendstiltheaters wurde wegen Corona etwas adaptiert: Weil die Ausstellung von Künstlerin Branka Jovanović nicht in der geplanten Form stattfinden wird, kann man sich ihre Bilder ab Freitag (8. Mai) einfach als Postkarte zustellen lassen. Wer möchte, kann diese dann auch selbst beschreiben und an die Künstlerin zurückschicken – nach Corona sollen die so entstandenen Werke gesammelt ausgestellt werden.
Insgesamt sind Strasser und Izmaylova, die auch privat ein Team sind, zuversichtlich: „Das meiste konnte verschoben werden, und wir mussten nicht absagen.“ Wenn sie ihr Haus wieder öffnen können, dann hat es vielleicht schon den Titel „kleinstes Theater der Welt“: Der Antrag fürs Guinness-Buch der Weltrekorde wurde bereits gestellt.
Info: vada.cc
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