Wie lauten nun die Regeln?
Zum Beispiel: Die Produzenten haben dafür Sorge zu tragen, dass die Produktionsprozesse in einem fairen, konstruktiven und respektvollen Arbeitsumfeld erfolgen. Alle Beteiligten haben wirksame Maßnahmen gegen jede Form von Diskriminierung, Belästigung, Missbrauch, Einschüchterung, Entwürdigung oder Beleidigung zu setzen, sobald sie davon erfahren. Wir weisen zudem auf die bestehenden Anlauf- und Beratungsstellen „we_do“ und „vera*“ hin.
Das ÖFI hatte bezüglich „Sparta“ keinen Schuhlöffel für ethische Fragestellungen. Soll Staatssekretärin Andrea Mayer daher auch eine Ethik-Prüfung in Auftrag geben?
Dazu möchte ich mich nicht äußern. In Zukunft wird eine Prüfung durch das ÖFI möglich sein, eben aufgrund der neuen Richtlinien.
Vor Weihnachten haben Sie zudem den Filmwirtschaftsbericht für 2021 veröffentlicht. Es gab eine Steigerung der Fördermittel um 25 Prozent – als „Antwort“ auf die „Krise der Filmwirtschaft“ in Folge von Covid. Das klingt schon ziemlich überholt.
Wir sind auch von der Statistik Austria abhängig. Daher ist unser Bericht in Teilen leider nicht rasend aktuell. Über das Jahr 2022 lässt sich sagen: Es wurde sehr viel produziert – nicht nur in Österreich. In Europa wurden über 1.850 Kinofilme gedreht. Das ist die dritthöchste Zahl überhaupt. Und diese Filme drängen nun auf den Markt, sie wollen gesehen werden. Der Wettbewerb ist enorm.
Die Zahl der Kinobesucher dürfte aber nicht im gleichen Maß gestiegen sein.
Ja, das Problem ist immer die Verwertung. Und durch Corona brachen die Besucherzahlen stark ein. Zudem kamen in der Pandemie viele Filme nicht heraus, weil auch die Kinos geschlossen waren. Diese Produktionen drängen nun zusätzlich auf den Markt, was den Wettbewerb nochmals verschärft. Gleichzeitig ist der Kinomarkt eher im Schrumpfen begriffen.
Die Schlussfolgerung lautet: Es wird zu viel produziert.
Ja. In Europa wird insgesamt viel zu viel produziert, aber ich glaube nicht, dass es zu viel an österreichischem Film gibt. Das ÖFI fördert im Jahr plus minus 30 Kinoproduktionen. Zudem entstehen etwa weitere 20 Filme. Das ist nicht zu viel!
Im Kino reüssiert allerdings nur ein Bruchteil.
Es muss auch nicht jeder Film ins Kino! Ins Kino sollten nur Filme, die eine große Leinwand brauchen und verdienen. Aber es braucht auch eine Schwungmasse an Projekten, um eine Filmwirtschaft am Laufen zu halten. Kontinuität ist ein Wirtschaftsfaktor. Und der Erfolg eines Films lässt sich nicht nur an der Kinokassa bemessen. Jessica Hausers „Little Joe“ etwa kam bei uns auf vielleicht 7.000 Zuschauer im Kino, aber er lief 2019 auf dem Festival von Cannes, Emily Beecham wurde als beste Darstellerin ausgezeichnet und in der Folge war der Film in über 100 Ländern zu sehen. Das heißt: „Little Joe“ ist ein Kulturexport-Schlager. Und Österreich wird allerorts mit Kultur assoziiert. Das ist unser Markenzeichen.
Das Filmschaffen stärkt also die Marke Österreich?
Wenn Sie so wollen. Aber das heißt natürlich nicht, dass beliebig produziert werden soll. Zumal Film in der Herstellung generell teuer ist. Daher braucht es auch eine Filmförderung. Der Markt kann die Kosten in der Regel nicht refinanzieren. Kinofilm ist aus der Erlös-Sicht sehr oft kein Geschäft.
Die Filmwirtschaft aber?
Sehr wohl. Deshalb gibt es eben jetzt zum Beispiel die neuen Förderschienen ÖFI+ und FISA+. Man hat erkannt, dass die Wertschöpfungskette beim Film extrem hoch ist. Selbst wenn sich kein Mensch den fertigen Film anschauen sollte: Ein Euro an Förderung löst 1,50 Euro an Ausgaben und Steuern aus. Also: Die volkswirtschaftliche Rechnung stimmt immer!
Ein paar Filme aber, zum Beispiel nicht so teure Dokus, spielen mehr Geld ein, als sie gekostet haben. Wäre es nicht fair, wenn der Produzent dann die Fördersummen zurückzahlte? Denn er geht ja so gut wie nie ein Risiko ein: Der Eigenmittelanteil beträgt nur etwa 2,5 Prozent – und zumindest dieser Betrag wird eingespielt.
Die Produzenten zahlen in solchen Fällen schon etwas zurück, eine minimale Summe allerdings: Pro Jahr werden von uns Filme mit etwa 15 Millionen gefördert – und vielleicht 150.000 Euro bekommen wir rücküberwiesen. Und diese Beträge werden dann wieder für Folgeprojekte ausgeschüttet. Ich bin also bei Ihnen. Ich könnte mir eine Art Bestseller-Paragraf vorstellen: Wenn ein solcher Jackpot gelingt, dann sollte zumindest ein Teil des Erlöses in den allgemeinen Fördertopf zurückfließen. Förderinstitutionen wie das ÖFI dürfen kein Bankomat für ein paar Glückliche sein.
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