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Alexander Wrabetz: Das Kunststück des Generals

ORF-Chef Wrabetz plant Kassasturz und Einsparungen
Der Amtsinhaber sichert sich seine dritte Amtszeit im Chefsessel am Küniglberg.

Es war eng für ihn, trotzdem hat er es wieder geschafft: Alexander Wrabetz (56) wurde am Dienstag als erster ORF-Chef zum dritten Mal in Folge zum Generaldirektor bestellt. Nicht einmal der legendäre Generalintendant Gerd Bacher schaffte dieses Kunststück.

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Trotz des, nach allgemeiner Branchen-Einschätzung, schwächeren Konzeptes konnte er neben seiner roten Hausmacht auch noch grün, pink und unabhängige Stiftungsräte überzeugen. Und belegte damit abermals, dass er ein hervorragender Taktiker ist. Wobei er sein Meisterstück bereits vor zehn Jahren gegen Monika Lindner und VP-Kanzler Wolfgang Schüssel geliefert hatte. Letzterem ist auch die Stiftungsratsbeschickung samt absurden Wahl-Prozedere zu verdanken, das eine ewige schwarze Vorherrschaft begründen sollte – und nun den roten Alexander Wrabetz seit Jahren im Chefsessel hält.

Den ORF will Wrabetz in den kommenden Jahren zum Social Media-Haus umbauen. "Der ORF soll das digitale Leitmedium der Zukunft bleiben", so der neue alte Generaldirektor. Für ORFeins plant er mehr österreichische Inhalte und eine Stärkung der Information, ORF III soll weiter ausgebaut werden. "Stärken weiterentwickeln" laute das Motto für ORF 2 und die ORF-Radios.

Solide Bilanz

Als Amtsinhaber kann Wrabetz auf eine solide Bilanz verweisen. Seit der Finanzkrise 2008 fährt der ORF ein Spar-und Restrukturierungsprogramm, mit dem kräftig Personal eingespart wurde. Millionen-Verluste, die damals eingefahren wurden, könnte Wrabetz im Tandem mit seinem Finanzdirektor und Kontrahenten Richard Grasl schließlich wieder drehen. 2015 schloss man zum sechsten Mal in Folge mit einem positiven Jahresergebnis und deutlich über Plan ab.

Der ORF meisterte unter Wrabetz eine österreichische Song-Contest-Austragung samt Kosten, lancierte ORF III sowie ORF Sport + und baute die TVthek aus. Publikumsrenner wie die Show "Dancing Stars" funktionierten in den vergangenen Jahren weiterhin, mit "Vorstadtweiber", Skurrilem wie "Braunschlag" oder den "Landkrimis" setzte man österreichische Produktionsakzente. Jüngste Errungenschaft des Wrabetz-ORF war die Frühstücks-Schiene "Guten Morgen Österreich", die vielen aber zu unterhaltungslastig ist.

In Wrabetz zweite Amtszeit fiel nach langem Hin und Her auch die Entscheidung, das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg in Wien-Hietzing zu renovieren (anstatt neu zu bauen) und (fast) alle Standorte dort zusammenzuziehen. Auch den daraus resultierenden Verkauf des Funkhauses zog Wrabetz durch.

Hohe Wellen um den Büroleiter

Doch nicht alles kann glattgehen in einem Medienmoloch wie dem ORF. Wie bei jedem ORF-General steht stets eine Frage im Raum: Wie hält es Wrabetz mit der Politik? Dass er SPÖ-nahe ist, hielt zwar schon 2011 auch die ÖVP-nahen Stiftungsräte nicht davon ab, ihn zu wählen. Doch in den vergangenen zehn Jahren passierten auch Schnitzer. Als er den früheren SPÖ-Ministersprecher Niko Pelinka zu seinem Büroleiter machen wollte, gingen die Wogen so hoch, dass er die Notbremse ziehen musste.

Wie überhaupt ORF-Personalia stets von politischem Getöse oder zumindest entsprechenden Mutmaßungen begleitet werden. Mehrmals brachten Wrabetz Beschlüsse über Spitzenpositionen in Fernsehen und Radio Unbill mit der Belegschaft ein und Vorwürfe, er habe ein zu offenes Ohr für Wünsche aus SPÖ und ÖVP. Umstrittene redaktionelle Entscheidungen wie der Solo-Auftritt des Ex-Kanzlers Werner Faymann (SPÖ) bei "Im Zentrum" oder die Nicht-Einladung Richard Lugners zu den TV-Duellen im Präsidentschafts-Wahlkampf taten das Ihrige dazu, dass die ORF-Information unter Wrabetz zuletzt auch kritisch beäugt wurde.

Grün-weiß und rot

Dass sich der promovierte Jurist, Opernliebhaber und Rapid-Fan aus freiheitlichem Elternhaus über die Jahre der ungebrochenen Unterstützung der SPÖ gewiss sein konnte, traf übrigens nicht immer zu. Es gab eine Zeit, da zeigten Faymann und sein Staatssekretär Josef Ostermayer recht unverhohlen Lust, ihn abzusägen. Wrabetz überlebte schließlich beide - was ihm jedenfalls einen Platz in den inoffiziellen Annalen des ORF sichert. Und mit einer dritten Amtszeit in Folge schreibt sich Wrabetz nun auch in die offiziellen Geschichtsbücher des Küniglbergs.

Zur Person: Geboren am 21. März 1960 in Wien, Jusstudium und Promotion. Bundesvorsitzender des Verbands Sozialistischer Studierende (VSStÖ), SPÖ-Mitgliedschaft seit Antritt als Generaldirektor 2007 ruhend gestellt. Karrierestart im Bankenbereich, 1987 bis 1992 Österreichische Industrieholding AG, 1992 Geschäftsführer Intertrading, dann VAMED-Vorstand. 1998 Kaufmännischer Direktor des ORF, 2007 ORF-Generaldirektor. Wrabetz hat drei Kinder, von deren Mutter er getrennt lebt. Sein Bruder Bernd arbeitet als außenpolitischer Berater im Kabinett von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern.

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